Weibliche Genitalverstümmelung: 80 Prozent der Fälle in Afrika

Gemäss UNO-Schätzungen sind weltweit 200 Millionen Frauen und Mädchen beschnitten. 80 Prozent von ihnen leben in Afrika. Infolge von Covid-19 nehmen die Fälle vielerorts zu. Die Schweiz setzt sich für die Verteidigung der grundlegenden Menschenrechte ein. Die Prävention und Bekämpfung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ist ein Pfeiler ihrer Aussenpolitik und ihres Engagements in den Partnerländern.

Mädchen stehen vor einer Blechhütte in Humera, Äthiopien.

Weibliche Genitalverstümmelung wird gemäss UNO in mindestens 31 Ländern der Welt praktiziert. Von diesen liegen 27 in Afrika. © Keystone

200 Millionen Frauen und Mädchen, das ist das 25-fache der Einwohnerzahl der Schweiz. Die UNO hat den 6. Februar zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung erklärt. Gelegenheit, auf die grosse Zahl der Betroffenen aufmerksam zu machen.

Gemäss dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hinterlässt diese sehr schmerzhafte Praxis lebenslange physische und psychische Narben. 44 Millionen der Betroffenen sind Mädchen unter 15 Jahren. Mit 80 Prozent der erfassten Fälle ist Afrika der weitaus am stärksten betroffene Kontinent. 

Menschenrechtsverletzung

Weibliche Genitalverstümmelung wird in mehreren Schwerpunktländern und ‑regionen der Schweiz in Osttafrika praktiziert. «In Somalia zum Beispiel sind rund 98 Prozent der Frauen beschnitten. Das ist die höchste Rate der Welt. Der Sudan hat die Praxis zwar vor Kurzem gesetzlich verboten, trotzdem sind immer noch 9 von 10 Frauen betroffen», erklärt Martine Pochon, Regionalberaterin im Bereich Schutz am Horn von Afrika. Weibliche Genitalverstümmelung ist im Sudan, in Somalia, Äthiopien und Kenia seit Jahrhunderten dokumentiert und auch heute noch verbreitet. Sie stellt jedoch eine klare Verletzung der Grundrechte der Frauen dar.

Die Covid-19-Pandemie hat das Problem verschärft. «Im Sudan wurde 2020 ein Anstieg der Beschneidungen verzeichnet. Gründe dafür sind unter anderem die Lockdown-Massnahmen und die Schulschliessungen», erklärt die Expertin des Schweizer Kooperationsbüros für das Horn von Afrika in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. «Die Mädchen blieben zu Hause, was die Beschneidung ermöglichte, und dank dem Lockdown war genügend Zeit für die Heilung.»

Ein grosses Problem ist zudem, dass die Covid-19-Pandemie und die in diesem Zusammenhang getroffenen Massnahmen das Engagement vor Ort erschweren oder sogar verunmöglichen. «Wegen Covid-19 können die Partner weniger Präventionsarbeit leisten und auf Gewalthandlungen reagieren, insbesondere weil die Koordination, die Präsenz vor Ort und die Aufklärungsarbeit reduziert oder Einrichtungen geschlossen werden mussten.» Die Pandemie wirkt sich auch auf andere frauen- und kinderspezifische Themen aus: «Die Kolleginnen und Kollegen im Feld sind besorgt über die infolge von Covid-19 gestiegenen Risiken und die allgemeine Zunahme von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, häuslicher Gewalt, Zwangsverheiratungen, Ausbeutung von Kindern, Schulabbrüchen usw.», sagt Martine Pochon.

Globales, sektorübergreifendes Engagement

Wie kann weibliche Genitalverstümmelung gestoppt werden? Lokale Gemeinschaften, Sachverständige und die internationale Gemeinschaft setzen auf langfristige globale, sektorübergreifende und integrative Massnahmen sowie Gesetzesreformen und politische Massnahmen auf multilateraler und nationaler Ebene. Weibliche Genitalverstümmelung ist eine gesellschaftliche Norm, deren Abschaffung von mehreren Faktoren abhängt.

Die Schweiz setzt sich für die globale Bekämpfung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ein und hat deren Prävention zu einem Schwerpunkt ihrer Aussenpolitik erklärt. Sie arbeitet aktiv mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, um sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen und Betroffene besser zu schützen. In ihren Schwerpunktregionen entwickelt und unterstützt die Schweiz viele Programme in den Bereichen Bildung und Selbstbestimmung der Frauen, allgemeine Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklung, um beiden Geschlechtern gleiche Rechte und Chancen zu ermöglichen. Das Engagement gegen weibliche Genitalverstümmelung ist Bestandteil mehrerer Programme zur Gesundheitsförderung oder zur Bekämpfung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt.

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