27.06.2022

Ansprache von Bundespräsident Ignazio Cassis, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA - gehalten anlässlich der Büroeröffnung des neuen Google-Innovationscenters an der Europaallee (Zürich) - seul la parole prononcé fait foi

Orateur: Cassis Ignazio; Chef du Département, Ignazio Cassis

Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Zooglers

«Diversität und Innovation. » Unter dieses Motto habe ich mein Präsidialjahr gestellt. Ein Präsidialjahr, das aufgrund des Krieges gegen die UKR einen anderen Verlauf genommen hat als wir uns alle wünschten.

Die Gelegenheiten, über Diversität und Innovation zu sprechen, die Themen prominenter auf den Radar der Schweiz zu bringen, sind deshalb rar.

Heute ist so eine Gelegenheit.

Ich gratuliere Ihnen zur Eröffnung des Innovations-Centers aus zwei Gründen:
Erstens: Weil Sie es tun und der Innovation einen so hohen Stellenwert beimessen.
Und zweitens: Weil Sie es in der Schweiz tun.

Auch bei Innovationen gilt es, Quantität und Qualität auseinander zu halten. Letzteres ist für den Erfolg

Den offensichtlichen Test habe ich natürlich auch machen lassen: Die Suchmaschine liefert zu «Ignazio Cassis» über 1.5 Mio. Ergebnisse. Für einen Bundespräsidenten der noch keine 6 Monate im Amt ist: kein schlechtes Resultat, quantitativ.

Wie steht es um die Qualität der Ergebnisse? Europa, Ukraine Reform Conference, Neutralität - die grossen und wichtigen Themen dominieren.  Dass auch mein Blumensofa es in die Google-Top Ten geschafft hat zeigt, dass Sie auch bei der Qualität noch Luft nach oben haben.

Ich bin zuversichtlich, dass Ihnen Ihr neues Innovationszentrum hier gute Dienste leisten wird. 
Wie dem auch sei. Fakt ist: Google hat die Art und Weise, wie wir nach Dingen suchen, Informationen verarbeiten und Wissen anhäufen grundlegend verändert. Was vor gut 20 Jahren als Programmierungsversuch in der Garage begann, entscheidet heute nicht selten darüber, was wir als «Wissen» definieren, in welchem Restaurant wir dinieren und wie wir miteinander kommunizieren.

Die Innovation von gestern ist für uns heute längst Normalität. Dabei geht vergessen, dass Innovation mit viel Arbeit verbunden ist. Und mit noch mehr Unsicherheit. So war Bill Gates noch 1993 davon überzeugt, dass «das Internet nur ein Hype» sei.

 1.     Von einer Bankenmetropole zum digitalen Innovationshub

Aber wie wird aus einem Hype Realität? Wie wird aus einer Idee eine Innovation? Es gibt wohl kaum ein anderes Unternehmen, das sich so sehr mit dieser Frage auseinandersetzt wie Google. Umso mehr freut es mich, dass ich heute das neue Google-Innovationszentrum eröffnen darf.

Dass dieses neue Gedanken-Labor in Zürich steht, ist kein Zufall. Schliesslich ist Zürich längst nicht mehr nur eine weltweite Bankenmetropole, sondern auch ein Zentrum für universitäre und industrielle Forschung und Innovation. Die Nähe zur Eidgenössischen Technischen Hochschule, die hohe Lebensqualität und die zentrale Lage in Europa – all das zieht jedes Jahr die weltweit besten Ingenieurinnen und Ingenieure an.

Heute ist Zürich der grösste Google-Standort ausserhalb der USA und Heimat zahlreicher Innovationsprodukte – von Gmail bis YouTube. Auch die Routensuche für den öffentlichen Verkehr wurde hierzulande in Zusammenarbeit mit den Schweizerischen Bundesbahnen entwickelt. Diese Erfolgsgeschichte ist nicht zuletzt einem Schweizer zu verdanken. Kaum ein anderer hat die IT-Geschichte so geprägt wie Urs Hölzle.

Mit einem Fulbright-Stipendium zog es den Liestaler von der ETH in die USA, wo er an der renommierten Stanford University auf die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin traf – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft und einer Unternehmensgeschichte, die unser aller Leben grundlegend verändern würde.

  2.    Innovation ist die Bereitschaft, dass auch mal etwas in die Hose geht

 Urs Hölzle ist der Inbegriff eines abenteuerlustigen Schweizers – mutig, offen und wissbegierig. Aber auch ein Genie braucht sein Spielfeld, wo er sich entfalten, sich mit Kolleginnen und Kollegen messen kann. Diese Möglichkeit seine eigenen Ideen einem kollektiven Realitätscheck zu unterziehen ist die Grundlage jeder Innovation. Erst die Kooperation ermöglicht es uns, das Wissen und Können des einzelnen für die Entwicklung der Gesellschaft zu nutzen.

Kooperation als Motor von Versuch und Irrtum. Das Ergebnis eines mühsamen Lernprozesses mit zahlreichen Irrungen und Wirrungen. Um es in den Worten von Urs Hölzle zu sagen: «Innovation und Scheitern gehen Hand in Hand. Der Prozess des schnellen Testens von Ideen, die dann zu weiteren Ideen führen – das ist Innovation.

Aber eine der wichtigsten Voraussetzungen für Innovation ist, dass man bereit ist, Dinge auszuprobieren, die auch mal nicht funktionieren. Man muss bereit sein, zu scheitern.»

3.    Vielfalt ist das beste Mittel gegen Homogenität

Die USA gelten seit jeher als Melting Pot – als Schmelztiegel unterschiedlicher Ideen. Ein demokratisches Land, das die Freiheit der individuellen Selbstverwirklichung gepaart mit Eigenverantwortung und Gemeinschaftssinn hochhält. Werte, die auch in der Schweiz zentral sind.

Während die USA ihren «Melting Pot» haben, sind wir Schweizer einmal mehr etwas konservativer – urchiger – hierzulande ist unser Swiss Melting Pot – das Caquelon. Darin verschmelzen wir zwar lieber Käse als Meinungen, aber wir teilen die Überzeugung, dass nur ein offener und gemeinschaftlich betriebener Ideen-Marktplatz Innovation nachhaltig fördern kann.

Vielfalt in der Schweiz heisst nicht, dass wir unsere regionalen Spezialitäten zu einer zähen Masse verschmelzen. Vielfalt für uns heisst, dass wir unsere regionalen Eigenheiten zusammentragen zu einem grossen, farbenfrohen Mosaik. Jede Sprachregion, jeder Kanton, jede Gemeinde – sie alle bringen eine andere Sichtweise in die Diskussion ein. Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Ansichten sehen die Welt mit anderen Augen. Diese Perspektiven ermöglichen Einblick und Verständnis, die man nicht lernen kann. Diesen Perspektivenwechsel muss man erleben. Vielfalt geht nur mit Dialog.

Ein Dialog ausserhalb der eigenen Komfortzone. Ein deshalb mühsamer Dialog. Das gilt nicht zuletzt für die Politik. Klug wird man aus Not.
Seit der industriellen Revolution hat uns die technische Entwicklung immer wieder mit einer neuen Realität konfrontiert. Zahlreiche technische Innovationen haben unser Leben wesentlich erleichtert. Viele haben uns vor neue Probleme gestellt. Umso wichtiger scheint es mir, dass wir sie studieren und zu verstehen versuchen, bevor wir sie in den Himmel loben oder verteufeln.

4.    Die Konvergenz der Wissenschaften in den Dienst aller stellen
Sind wir bereit, uns dieser neuen Realität zu stellen? Sind wir bereit, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die positive Nutzung der neuen Technologien zu fördern und ihre Risiken zu mindern?

Vor drei Jahren habe ich gemeinsam mit der Schweizer Regierung und den Genfer Behörden die GESDA-Stiftung gegründet, um genau diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Als Gaststaat der Weltpolitik und als wichtiger globaler Akteur im Bereich Wissenschaft und Innovation ist es entscheidend, dass wir den Fortschritt der Wissenschaft und der technologischen Entwicklung vollständig erfassen.

Dafür sucht die Schweiz als eines der ersten Länder auch den Dialog mit internationalen Tech-Firmen, wie Google: Sie schaffen die Welt von morgen, und beeinflussen stark, wie wir zusammenleben, wie wir arbeiten und miteinander kommunizieren – Sie sind Teil der digitalen Gouvernanz des 21. Jahrhunderts.

Nun, geschätzte Damen und Herren, bin ich gespannt:
Einerseits, was der heutige Abend bringen wird.
Andererseits, was Google in Zukunft hier entwickeln wird, dass unser Leben verändert.

Ich freue mich, ganz am Anfang dieser Geschichte mit dabei zu sein!
Möge Google vom Swiss Melting Pot maximal profitieren.
Herzlichen Dank.


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Dernière mise à jour 06.01.2023

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