Justiz- und Innenministerrat in Mailand: Ganz Europa gefordert

Medienmitteilung, 08.07.2014

Bern - Angesichts der aussergewöhnlichen Flüchtlingssituation im Mittelmeer sei ganz Europa gefordert, nicht nur Italien. Die Länder Europas müssten offen sein für aussergewöhnliche Massnahmen. Dies sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD), am Dienstag am informellen Treffen des Justiz- und Innenministerrats (JI-Rat) in Mailand. Die Bundesrätin sagte, die Schweiz sei bereit, Italien zu unterstützen. Und sie bekräftigte, die Schweiz sei weiterhin bereit, sich für schutzbedürftige Personen zu engagieren.

Zum Auftakt der Präsidentschaft Italiens im Europäischen Rat trafen sich die Justiz- und Innenminister der Mitgliedstaaten der EU sowie der an Schengen assoziierten Staaten am Dienstag in Mailand. Schwerpunkt dieses Treffens war die Lage der Flüchtlinge im Mittelmeerraum, namentlich die grosse Zahl von Ankünften in Italien.

Kurzfristige Massnahmen und Weiterentwicklung
Bundesrätin Sommaruga sagte, die aktuelle Lage sei ein Stresstest für die Migrationspolitik Europas und für das Dublin-System. Die Tatsache, dass nicht alle ankommenden Flüchtlinge registriert werden könnten, stelle nicht nur das Funktionieren des Dublin-Systems in Frage. Es könne auch zu einem Sicherheitsrisiko für ganz Europa werden, wenn Personen ohne Überprüfung ihrer Identität in den Schengen-Raum gelangten. Sommaruga regte deshalb an, die Task Force für den Mittelmeerraum solle sich auch mit der Frage befassen, wie Italien kurzfristig wirksam unterstützt werden könne.

Die Schweiz und die anderen Länder Europas stünden in der Pflicht, diese Verbundaufgabe gemeinsam zu meistern. Italien könne die Last der "Mare Nostrum"-Operation nicht alleine tragen. Umgekehrt dürfe man sich aber auch nicht damit abfinden, dass Italien und vier weitere Dublin-Staaten (Deutschland, Frankreich, Niederlande, Schweden) beinahe drei Viertel aller Asylgesuche in Europa behandelten. Die Schweiz sei daher offen für Diskussionen darüber, wie das Dublin-System weiterentwickelt werden könne. Ziel sei, die Verantwortung ausgewogen zu verteilen, sagte Bundesrätin Sommaruga.

Schweiz bereit, Italien zu unterstützen
In einem bilateralen Gespräch versicherte Sommaruga dem italienischen Innenminister Angelino Alfano, die Schweiz sei zusammen mit anderen Staaten bereit, Italien bei Bedarf zu unterstützen, um die konkreten Probleme beim Empfang und bei der Registrierung ankommender Flüchtlinge zu lösen. Sie betonte gleichzeitig aber auch, dass die Schweiz weiterhin erwarte, dass Italien seine Verpflichtungen im Rahmen des Dubliner Abkommens erfülle.

Engagement für Asylsuchende aus Syrien und in Libyen
Sommaruga betonte im Plenum des Rates weiter, für die Schweiz habe auch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten eine hohe Priorität. Namentlich in Libyen müsse die Zusammenarbeit verstärkt werden. In Libyen würden Menschenrechte auf gravierendste Art und Weise verletzt, namentlich durch das Schlepperwesen und Menschenhandel. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Kriminelle vom menschlichen Leid profitieren und das Leben von Migranten aufs Spiel setzen", sagte Sommaruga.

Internationale Zusammenarbeit sei ferner auch in Syrien wichtig, sagte die Bundesrätin. Die Schweiz hat für Hilfe vor Ort in der ganzen Region bisher rund 85 Millionen Franken aufgewendet. Zudem nimmt sie in einem dreijährigen Pilotprogramm 500 anerkannte Flüchtlinge auf. Zusätzlich konnten seit letztem Herbst mehrere Tausend Personen aus Syrien dank vorübergehenden Visa-Erleichterungen in die Schweiz einreisen - die meisten von ihnen sind Familienangehörige von Syrern, die bereits in der Schweiz leben. Sommaruga sagte in Mailand, die Schweiz sei weiterhin bereit, besonders verletzlichen Menschen Schutz zu bieten.

Ein konkretes neues Programm ist derzeit nicht geplant. Der Bund würde ein solches Programm allenfalls wiederum in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen, anderen Staaten und dem UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) vorbereiten. 

Weitere bilaterale Treffen
An einem Arbeitsessen diskutierten die Justiz- und Innenminister schliesslich über die Gewalt an Frauen. Bundesrätin Sommaruga zeigte dabei auf, wie die Schweiz den Schutz betroffener Frauen verstärke. Zudem nutzte Sommaruga das Treffen für weitere bilaterale Gespräche, namentlich mit dem deutschen Innenminister, Thomas de Maizière, mit dem sie sich über die Asylsituation in der Schweiz und in Deutschland austauschte.

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