Die Schweiz setzt sich für Opfer des Menschenhandels ein

Artikel, 18.10.2016

Jeweils am 18. Oktober ruft Europa seit 2007 zum internationalen Vorgehen  gegen Menschenhandel auf. Auch die Schweiz engagiert sich unter anderem im Rahmen des Erweiterungsbeitrags gegen Menschenhandel. Sie unterstützt Bulgarien und Rumänien bei der Prävention, beim Opferschutz, der Reintegration und dem Ausbau der strafrechtlichen Verfolgung.

Präventionskampagne gegen Opfer von Menschenhandel in Rumänien.

Menschenhandel betrifft verschiedene Bevölkerungsgruppen und kommt in unterschiedlicher Form vor. Es sind sowohl Frauen und Männer als auch Mädchen und Knaben betroffen.  Menschenhandel hat unterschiedliche Ausprägungen und zeigt sich z.B. in sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Organhandel.        

Laut dem Eurostat Report 2015 sind ca. 80% der Opfer weiblich und die häufigste Art der Ausbeutung ist sexueller Natur (ca. 70%). Ausserdem stammen die meisten Opfer aus Osteuropa: Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Besonders gefährdet sind Personen aus schwachen sozio-ökonomischen Verhältnissen, Migrantinnen und Migranten und Angehörige von Minderheiten. Laut Eurostat haben die EU-Staaten zwischen 2010–2012 über 30‘000 Fälle gemeldet.  Es ist jedoch  anzunehmen, dass die Dunkelziffer höher ist. Menschenhandel ist ein internationales Phänomen, dem auch die Schweiz entschieden entgegentritt. 

In den Projekten des Erweiterungsbeitrags, die im Bereich Menschenhandel angesiedelt sind, arbeitet die Schweiz mit folgenden Massnahmen: 

  • Identifikation
    Opfer geben sich selten als solche zu erkennen, weisen aber oft bestimmte Erkennungsmerkmale auf. Sie weisen Spuren von Misshandlung auf oder es fehlen ihnen Identitätsdokumente.  

  • Opferschutz
    Opfer von Menschenhandel haben in der Regel psychische und physische Gewalt erlitten. Sie werden temporär aufgenommen, begleitet, betreut und erhalten medizinische sowie rechtliche Hilfe

  • Rückführung und Reintegration
    Dazu gehören Beratung und Unterstützung auf dem Weg zurück in einen gewaltfreien Alltag

  • Prävention
    Insbesondere ethnische Minderheiten sind eine wichtige Zielgruppe von Kampagnen, denn marginalisierte soziale Gruppen sind besonders gefährdet,  in die Fänge des Menschenhandels zu gelangen. 

Ausserdem unterstützt die Schweiz in beiden Ländern Projekte, die auf eine verbesserte Strafverfolgung und eine effizientere polizeiliche Zusammenarbeit ausgerichtet sind, also indirekt den Menschenhandel eindämmen.  In Bulgarien gibt es z.B. ein Projekt zur Strafverfolgung von Menschenhandel und organisiertem Verbrechen. Ein Projekt in Rumänien ist der Polizeizusammenarbeit zwischen Rumänien und dem Ziel- oder Transitland Schweiz  gewidmet. Alle Projekte werden in enger Zusammenarbeit mit den bulgarischen und rumänischen Behörden umgesetzt. 

Fokus auf besonders gefährdete Gruppen

5–10% der Bevölkerung Bulgariens und Rumäniens bestehen aus Roma – sie sind besonders gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden. Deshalb unterstützt die Schweiz in ausgewählten Gemeinden dieser Länder Projekte zu deren sozialen Integration. Ziel ist, ihnen den Zugang zu Bildung und zum Gesundheitssystem zu vereinfachen. Langfristig erhalten die Roma dadurch bessere soziale und wirtschaftliche Perspektiven und sind weniger anfällig, Opfer von Menschenhandel zu werden.

Was ist Menschenhandel?

Menschenhandel ist gemäss dem Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels zum Übereinkommen der UNO gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. In der Schweiz ist das Zusatzprotokoll am 26. November 2006 in Kraft getreten.

Laut Eurostat und der Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel handelt es sich dabei meist um sexuelle Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Entnahme von Körperorganen. Oft besteht ein Zusammenhang zwischen Menschenhandel und Migration, da die Opfer ausserhalb ihres Heimatlandes verletzlicher sind und ungenügend Informationen oder Zugang zum Rechtssystem haben. Ausserdem nützen die Täter Situationen wie Armut und mangelnde  Zukunftsperspektiven der Opfer aus, um sie mit falschen Versprechungen bezüglich Arbeit oder Heirat in ein fremdes Land zu locken. Einmal im Zielland angekommen, werden die Opfer  durch Nötigung oder Gewalt in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht und ausgebeutet.

Die Schweiz ist Ziel- und Transitland für Menschenhandel. Gemäss der Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel des  Bundesamts für Polizei fedpol wird der Menschenhandel in der Schweiz oft von Einzeltätern oder kleinen, z.T. familiär geprägten Gruppen betrieben. Seit dem 1. Dezember 2006 ist der Menschenhandel in der Schweiz im Strafgesetzbuch durch Art. 182 unter Strafe gestellt. Täter müssen mit einem Freiheitsentzug von bis zu 20 Jahren rechnen. Den Opfern steht laut dem schweizerischen Opferhilfegesetz medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Hilfe zu.