Personenfreizügigkeit – Ihr Funktionieren und der aktuelle Stand

Ein gelber Bauhelm hängt am Gerüst einer Baustelle
Ein gelber Bauhelm hängt am Gerüst einer Baustelle. © EDA

Durch das 1999 unterzeichnete und 2002 in Kraft getretene bilaterale Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) erhalten Staatsangehörige der Schweiz und der EU-Mitgliedstaaten das Recht, Arbeitsplatz sowie Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen.

Das FZA führt die Grundregeln der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ein. Voraussetzung dafür ist, dass die Personen über einen gültigen Arbeitsvertrag verfügen, selbstständig erwerbend sind oder bei Nichterwerbstätigkeit ausreichend finanzielle Mittel nachweisen können sowie umfassend krankenversichert sind. Die Anerkennung der Diplome und die Koordinierung der nationalen Sozialversicherungssysteme sind mit dem FZA verknüpft. Das Abkommen führt schrittweise die Regeln für die Freizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU ein. Es legt Übergangsfristen fest, in denen die Einwanderung beschränkt werden kann. Der Bundesrat hat im November 2023 entschieden, die für 2023 geltenden Kontingente für kroatische Staatsangehörige für das Jahr 2024 beizubehalten. Betroffen sind davon die folgenden Bewilligungstypen: Bewilligungen B (mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren) und Bewilligungen L (Kurzaufenthaltsbewilligung, die über ein Jahr hinaus verlängert werden kann). Es werden 2024 somit die gleichen Höchstzahlen gelten wie im Jahr zuvor. Im Jahr 2025 wird dann in Übereinstimmung mit dem Abkommen probeweise wieder die volle Personenfreizügigkeit für kroatische Staatsangehörige gelten.

Flankierende Massnahmen

Um Erwerbstätige vor der missbräuchlichen Unterschreitung der in der Schweiz geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen zu schützen, welche im Zusammenhang mit dem freien Personenverkehr eintreten können, wurden am 1. Juni 2004 arbeitsmarktliche Massnahmen eingeführt. Diese ermöglichen die Kontrolle der Einhaltung der minimalen oder üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen am Arbeitsort. Dies dient dem Schutz der Arbeitsnehmer, seien es Schweizer Bürger, Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz oder detachierte ausländische Arbeitskräfte. So haben die Kontrollbehörden 2018 die Arbeitskonditionen und die Schweizer Gehalte von rund 173'000 Personen in ungefähr 42'000 Unternehmen überprüft. Im Jahr 2020 zeigen die Ergebnisse des Berichts jedoch einen Gesamtrückgang der Durchsetzung von 41'305 auf 34'126 (-17 %) im Vergleich zu 2019, was hauptsächlich auf Einschränkungen im Zusammenhang mit sanitären Maßnahmen zurückzuführen ist. Im Jahr 2018 wurden in der Schweiz 3'148 Bußgelder ausgestellt, im Jahr 2019 sind es 2'503 und im Jahr 2020 2'142. Was die Aufenthaltsverbote betrifft, so wurden 2018 1'114 ausgestellt, 2019 sind es 931 und 2020 853.  Die Vollzugsorgane führen, je nach Risiken auf dem Arbeitsmarkt, gezielte Kontrollen durch. Die Effizienz dieser flankierenden Massnahmen wird über die Jahre hinweg überwacht, zum Beispiel anhand der Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die neuen Mitgliedstaaten. Neue Massnahmen werden regelmässig diskutiert und durch die Schweizer Behörden verabschiedet, damit adäquate Rechtsinstrumente gewährleistet werden können. Somit ist am 1. April 2017 eine weitere Schweizer Gesetzesrevision bezüglich der entsandten Arbeitnehmern in Kraft getreten. Sie umfasst die Erhöhung der Sanktionen von CHF 5’000 auf CHF 30’000 bei Verstössen gegen die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen. Die Sanktionsmassnahmen wurden im Weiteren durch die Einführung der Möglichkeit zur Kumulation von Bussen und Dienstleistungssperren bei schwerwiegenden Verstössen verstärkt.

Umsetzung des Artikels 121a – Stellenmeldepflicht

Am 9. Februar 2014 hat die Schweizer Bevölkerung die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» angenommen. Der neue Artikel 121a der Verfassungsbestimmung verpflichtete den Bundesrat, innerhalb der nächsten drei Jahre ein neues System der autonomen Steuerung der Zuwanderung einzuführen und dabei gleichzeitig die Interessen der Schweizer Wirtschaft zu wahren.

Im Dezember 2016 einigten sich die beiden Kammern des Parlaments auf ein Ausführungsgesetz zu Artikel 121a, welches mit dem FZA kompatibel ist.

Die Verordnungsentwürfe zum Gesetz der Umsetzung des Artikels 121a der Bundesverfassung wurden am 8. Dezember 2017 verabschiedet. Diese Verordnungen sehen vor, dass alle offenen Stellen in jenen Berufsgruppen obligatorisch publiziert werden müssen, in welchen die Arbeitslosenquote einem gewissen Grenzwert entspricht oder diesen überschreitet. Dieser Grenzwert betrug 8% vom 1. Juli 2018 bis Ende 2019. Er ist ab dem 1. Januar 2020 auf 5% gesunken. Die Arbeitnehmer, die in einem regionalen Arbeitsvermittlungszentrum registriert sind, profitieren somit während fünf Werktagen von einem frühzeitigen Informationszugang. Nach diesen fünf Werktagen können die Arbeitgeber ihre Stellenangebote auch ausserhalb dieser Arbeitsvermittlungszentren publizieren. Alle Personen, die in einem Regionalplatzierungsbüro registriert sind, können unabhängig ihrer Nationalität von dieser Massnahme profitieren. Dies umfasst Staatsbürger der EU und EFTA-Staaten, die in der Schweiz leben, sowie jene Staatsbürger, die in einem Arbeitsvermittlungszentrum registriert sind und eine Arbeit in der Schweiz suchen. Mit der Verabschiedung dieser Verordnungen ist der Umsetzungsprozess der Volksinitiative vom 9. Februar 2014 abgeschlossen. Diese Umsetzung berücksichtigt den Volkswillen vom 9. Februar und beachtet die Schweizer Verpflichtungen gemäss des FZA.

Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung» am 27. September 2020 abgelehnt

Die Schweizer Stimmberechtigten und die Mehrheit der Kantone haben am 27. September 2020 die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» mit 61,71% abgelehnt.

Die Begrenzungsinitiative hätte die Personenfreizügigkeit mit der EU und, aufgrund der Guillotine-Klausel, die gesamten Bilateralen I in Frage gestellt. Ohne das Personenfreizügigkeitsabkommen und die Bilateralen I mit der EU hätten Schweizer Unternehmen den direkten Zugang zu ihrem Hauptmarkt verloren. 

Mit der Ablehnung dieser Initiative bekräftigte das Schweizer Volk sein Bekenntnis zur Personenfreizügigkeit und seinen Willen, den bilateralen Weg mit der EU fortzusetzen. Der Bundesrat, die Kantone und die Sozialpartner, die sich gegen die Initiative ausgesprochen hatten, begrüßten die breite Ablehnung durch das Schweizer Volk.

Abteilung Europa

Die Abteilung Europa ist das Kompetenzzentrum des Bundes für alle europapolitische Fragen. 

Europapolitik der Schweiz