Nach Angaben der UNESCO haben mehr als 190 Staaten ihre Schulen aufgrund der COVID-19-Krise geschlossen. Betroffen sind rund 1,6 Milliarden Kinder, Jugendliche und Erwachsene weltweit. Trotz der aktuellen Krise dürfen diejenigen Mädchen und Jungen nicht vergessen gehen, die aufgrund von Armut, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder aus anderen Gründen schon keine Schule besuchten, bevor COVID-19 den Bildungszugang massiv beeinträchtigte. Die Bildungsakteure müssen ihr Engagement für eine integrative Bildung, die den Bedürfnissen aller gerecht wird, fortsetzen, damit Millionen Kinder und Jugendliche nicht länger ohne Aussicht auf ein besseres Leben zurückgelassen werden.
Das Konzept der inklusiven Bildung legt den Fokus auf Bevölkerungsgruppen, denen der Zugang zu Bildung besonders häufig verwehrt bleibt, wie Mädchen, Kinder mit Behinderungen, Flüchtlinge und Vertriebene, von Konflikten betroffene Kinder, Kinder aus armutsbetroffenen Familien oder Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten. Ausgrenzung von Bildung ist kontextspezifisch und widerspiegelt soziale Ungleichheiten.
Die Schweizer Präsentation des UNESCO-Weltbildungsbericht 2020 wird am 30. Juni 2020 unter Beteiligung des Direktors des Berichts und einer Gruppe von Expertinnen und Experten stattfinden (siehe Kasten unten). Der Bericht zieht eine Bilanz der Fortschritte und Herausforderungen bei Ziel 4 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung: «Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern». Zudem enthält er konkrete Beispiele für erfolgreiche Massnahmen zur Realisierung einer inklusiven Bildung.
Soziale Inklusion und Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung: eine Priorität der DEZA
Grundbildung ist ein grundlegendes Menschenrecht. Die DEZA fördert Bildung als Mittel zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Inklusion, der wirtschaftlichen Eigenständigkeit und der Resilienz sowie als Mittel für nachhaltige Entwicklung insgesamt.
In vielen Ländern, in denen die DEZA tätig ist, sind bestimmte Bevölkerungsgruppen beim Zugang zu Grundbildung und Berufsbildung mit teilweise erheblichen Hürden konfrontiert. Die DEZA setzt sich für die Nichtdiskriminierung gefährdeter Bevölkerungsgruppen und für die Stärkung der Inklusion und Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung ein. Rund 80 Prozent der Roma in Europa leben unterhalb der Armutsgrenze. Sie haben eine geringere Lebenserwartung und erleben täglich Diskriminierung und soziale Ausgrenzung. Mit der Unterstützung der Schweiz konnten im Jahr 2019 4335 Roma-Kinder, darunter 2147 Mädchen, die Schule besuchen. 1106 Schülerinnen und Schüler konnten ihre schulischen Leistungen dank Nachhilfeunterricht und Mentoring verbessern. Dadurch wurden Schulabbrüche in der Primarschule vermieden und der Übertritt in die Sekundarstufe mit besseren Aussichten auf Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert. Ein von der DEZA unterstütztes Projekt im Gazastreifen ermöglicht 320 Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom oder Autismus den Zugang zu einer auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmten Grund- und Berufsausbildung. Das Projekt fördert ihre soziale Eingliederung und wirtschaftliche Integration und hilft ihnen, aus ihrer Rolle als Leistungsempfänger herauszuwachsen.
Bildung eröffnet Perspektiven für das ganze Leben. Sie ermöglicht Geschlechtergleichstellung und die gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und wirtschaftlichen Leben. Das Recht auf hochwertige Bildung ist heute vielen jungen Menschen verwehrt. Der Weltbildungsbericht 2020 ruft die Bildungsakteure dazu auf, ihre Bildungssysteme zu überdenken und alle Kinder und Jugendlichen ungeachtet ihrer Identität, ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer Fähigkeiten gebührend zu berücksichtigen. Diese Botschaft ist im Hinblick auf den Wiederaufbau der Schulsysteme nach der Coronakrise in den einzelnen Ländern von besonderer Bedeutung.