Zusammenarbeit mit dem Privatsektor: nachhaltige Entwicklung stärken

Ein dynamischer Privatsektor ist eine essenzielle Triebkraft für die Reduktion weltweiter Armut. In Entwicklungsländern werden neun von zehn Arbeitsplätzen durch den Privatsektor geschaffen. Indem er Einkommensmöglichkeiten schafft, Kapazitäten aufbaut und Steuereinnahmen generiert, die der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zugutekommen, ist der Privatsektor ein wichtiger Entwicklungsfaktor.

Zwei Frauen auf einem Feld schauen auf ein Smartphone.

In Kenia verbindet eine Online-zu-Offline-Plattform Bäuerinnen und Bauern mit Agrarhändlern. Über eine App können die Verbraucherinnen und Verbraucher online Produkte kaufen und sie im nächsten «DigiShop» abholen. © Shamba Pride

In der Strategie der Schweiz zur internationalen Zusammenarbeit 2021–2024 gehört die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor (Private Sector Engagement, PSE) zu den Prioritäten. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) betrachtet PSE als Möglichkeit für mehr Innovation und mehr Wirkung. PSE bedeutet, dass die DEZA und ein oder mehrere privatwirtschaftliche Akteure eine gemeinsame Vision haben und ihre Kräfte im Rahmen wirkungsorientierter Entwicklungsmassnahmen bündeln, um die bestehenden DEZA-Strategien zu stärken. In der DEZA zeichnet sich PSE durch drei Kernmerkmale aus. 1. Die Massnahmen werden gemeinsam konzipiert und entwickelt (gemeinsame Initiierung). 2. Alle Partner sind zumindest auf strategischer Ebene an der Umsetzung beteiligt (gemeinsame Lenkung). 3. Alle Partner tragen in erheblichem Masse zur Finanzierung der Massnahme bei (gemeinsame Finanzierung). In einer echten Partnerschaft werden Kosten, Risiken und Vorteile gleichermassen geteilt. Als Benchmark verwendet die DEZA diesbezüglich drei Dimensionen des Fairplay. 1. Gerecht geteilte Risiken. 2. Gerecht geteilte Kosten. 3. Gerecht geteilte Vorteile für alle beteiligten Partner.

Per Ende 2021 gab es in der DEZA 142 aktive Projekte mit PSE-Komponente und einem Gesamtbudget von 900 Millionen Franken. PSE ist auf die eine oder andere Weise in allen Themenbereichen der DEZA und in allen operativen Einheiten vertreten. Zu den wichtigsten Partnern der DEZA in diesem Bereich gehören private Stiftungen, KMU und Grossunternehmen sowie Sozialunternehmen. Die DEZA wollte wissen, wie gut ihr PSE-Projektportfolio aufgestellt ist und ob die internen Verfahren und PSE als Instrument geeignet sind, um die Ziele der internationalen Strategie der Zusammenarbeit der Schweiz zu erreichen. Zu diesem Zweck beauftragte die DEZA externe Sachverständige mit einer unabhängigen Evaluation. 

Evaluationen in der DEZA

Die Sektion Evaluation und Controlling der DEZA ist für die Vergabe von institutionsweiten Evaluationen und für die Förderung von DEZA-internen Evaluationen zuständig. Die Evaluationen im Rahmen der DEZA haben drei Ziele: Sie sollen solide Erkenntnisse 1. für die Steuerung von Projekten und Programmen, 2. für die institutionellen Lernprozesse und 3. für die Rechenschaftslegung gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament liefern. Die DEZA gibt jedes Jahr 80 bis 100 Projektevaluationen und 3 bis 4 thematische oder institutionelle Evaluationen in Auftrag.

Die durchgeführte Evaluation kam zum Schluss, dass sich die Anstrengungen und beträchtlichen Ressourcen, die die DEZA für ihre PSE-Kooperationen aufgebracht hat, in Form von Innovation, Lernen und einigen vielversprechenden Ergebnissen auszuzahlen beginnen. Kreative Beispiele finden sich im gesamten PSE-Portfolio. Im Rahmen eines PSE-Projekts beteiligte sich die DEZA an der Entwicklung eines Zahlungsmechanismus, der Unternehmen, die eine bestimmte gesellschaftliche Wirkung erzielen, eine Prämie auszahlt, sogenannte Social Impact Incentives. Etliche Geldgeber in unterschiedlichen Bereichen haben diesen Mechanismus übernommen.

Social Impact Incentives: Prämien für positive gesellschaftliche Wirkung und Mobilisierung wirkungsorientierter Investitionen

Social Impact Incentives (SIINC) sind ein innovatives Finanzierungsinstrument, das Sozialunternehmen (Social and Impact Enterprises, SIE) mit öffentlichen und philanthropischen Mitteln dabei unterstützt, ihre Wirkung zu steigern und zu skalieren und sie für private Kapitalgeber attraktiver zu machen. Das von der DEZA gemeinsam mit der Organisation Roots of Impact und der Interamerikanischen Entwicklungsbank entwickelte Konzept wurde 2016 in Lateinamerika lanciert. Mittlerweile werden SIINC und andere Instrumente der wirkungsorientierten Finanzierung (Impact-linked Finance, ILF) in vielen weiteren Ländern zur Unterstützung von SIE eingesetzt. Allein die DEZA hat bisher 50 Millionen US-Dollar in ILF-Instrumente investiert.

Social Impact Incentives: Erklärvideo (en)

Social Impact Incentives: Prämien für positive gesellschaftliche Wirkung und Mobilisierung wirkungsorientierter Investitionen (en)

Das Kompetenzzentrum der DEZA für das Engagement mit dem Privatsektor (KEP) hat zu Dokumentations- und Schulungszwecken fundierte Instrumente und Orientierungshilfen für PSE-Kooperationen entwickelt. Die DEZA-Mitarbeitenden verwenden diese Materialien – bisher jedoch eher zurückhaltend. Mit ihren PSE-Kooperationen fördert die DEZA die langfristige Beteiligung des Privatsektors an innovativen Lösungen für Entwicklungsprobleme. Um die Behandlung von Krankheiten, von denen vor allem die arme Bevölkerung betroffen ist, weiterzuentwickeln und den Zugang dazu zu fördern, unterstützt die DEZA Produktentwicklungspartnerschaften (Product Development Partnerships, PDP). Diese gelten bei der Bekämpfung von Krankheiten wie Tuberkulose, Malaria und HIV als bahnbrechend.

Produktentwicklungspartnerschaften: Multi-Stakeholder-Zusammenarbeit für Innovation und Zugang zu Gesundheit

Seit Ende der 1990er-Jahre werden PDP mit dem Zweck eingegangen, neue Produkte für Menschen zu entwickeln und zugänglicher zu machen, die Krankheiten und Gesundheitsbedrohungen ausgesetzt und vom Markt unterversorgt sind. PDP initiieren, stärken und koordinieren Multi-Stakeholder-Partnerschaften zwischen dem öffentlichen, privaten, wissenschaftlichen und sozialen Sektor. Bei PDP arbeiten verschiedene Partner in allen Phasen der Produktentwicklung zusammen, von der Idee bis zum Marktzugang.

Die Schweiz hat schon früh mehrere PDP unterstützt und finanziert. Dazu gehören die Foundation for New Diagnostics (FIND), die Medicines for Malaria Venture (MMV) und die Drugs for Neglected Diseases Initiative (DNDi).

Aktuelle Evaluationen zeigen, dass PDP tatsächlich einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung von armutsbedingten und vernachlässigten Krankheiten (Poverty Related Neglected Diseases, PRND) wie Tuberkulose, Malaria und HIV geleistet haben. Ausgewählte PDP, die 2020 im Rahmen einer umfassenden Studie untersucht wurden, haben von 2007 bis 2018 zusammen fast 5 Milliarden US-Dollar mobilisiert, 85 neue Produkte auf den Markt gebracht und haben derzeit über 300 Produkte in der F&E-Pipeline. PDP-Kooperationen im Bereich der medizinischen Innovation trugen ausserdem zu einer schnellen und wirksamen globalen Reaktion auf Covid-19 bei.

Produktentwicklungspartnerschaften: Multi-Stakeholder-Zusammenarbeit für Innovation und Zugang zu Gesundheit (en)

Die externe Evaluation empfiehlt der DEZA, ihr Monitoring- und Evaluationssystem für PSE-Kooperationen zu stärken und zu straffen, um den Entscheidungsprozess zu optimieren. Aufbauend auf dem bisher Erreichten und unter Berücksichtigung der bestehenden Orientierungshilfen und Schulungsunterlagen solle die DEZA ein kohärentes PSE-Konzept entwickeln und klare Leitlinien für die Umsetzung von PSE für externe und interne Akteure bereitstellen. Gestützt auf die Evaluation und die darin enthaltenen Empfehlungen formulierte die Geschäftsleitung der DEZA Massnahmen. Diese sind in der Senior Management Response festgehalten, die zusammen mit dem Evaluationsbericht veröffentlicht wurde. So stimmt die DEZA den Evaluatoren zu, dass das Fachwissen im Bereich PSE ausgebaut werden muss. Dies soll zielgerichtet geschehen, da die DEZA-Mitarbeitenden bei PSE-Projekten in unterschiedlichem Masse involviert sind. Während alle DEZA-Mitarbeitenden über grundlegende Kenntnisse im PSE-Bereich verfügen müssen, besteht beim mittleren und höheren Kader sowie bei den thematischen, für PSE zuständigen Regionalberaterinnen und -beratern ein besonderer Bedarf an Kapazitätsaufbau.

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