Ignazio Cassis bekräftigt die Unterstützung der Schweiz für die jemenitische Bevölkerung
An der von der Schweiz und Schweden kopräsidierten und in Zusammenarbeit mit dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) organisierten Geberkonferenz für den Jemen haben die anwesenden Mitglieder der internationalen Gemeinschaft beschlossen, die Finanzierung der humanitären Hilfe für die von der Krise betroffenen Menschen fortzusetzen.
Der Jemen ist in Anbetracht von 4,5 Millionen Binnenvertriebenen mit einer Migrationsproblematik erheblichen Ausmasses konfrontiert. © DEZA/Hayat Al Sharif
Seit dem Beginn des bewaffneten Konflikts im Jahr 2015 spielt sich im Jemen eine der schwersten humanitären Krisen der Welt ab. Mehr als 21 Millionen Menschen, d. h. zwei Drittel der jemenitischen Bevölkerung, benötigen humanitäre Unterstützung. Zudem ist das Land in Anbetracht von 4,5 Millionen Binnenvertriebenen mit einer Migrationsproblematik erheblichen Ausmasses konfrontiert, die sich katastrophal auf die Gesundheitslage, die Versorgung mit Nahrungsmitteln und die Schulbildung auswirkt.
Der wirtschaftliche Niedergang und die Schwächung der Institutionen beeinträchtigen die öffentlichen Dienstleistungen und haben zu einer Verknappung zahlreicher lebensnotwendiger Güter geführt. 2,5 Millionen Kinder können nicht zur Schule gehen und mehr als 17 Millionen Jemenitinnen und Jemeniten haben Schwierigkeiten, an ausreichend Nahrungsmittel zu gelangen. Darüber hinaus ist der Jemen auf Platz 3 der Länder, die am anfälligsten für den Klimawandel sind, und die jüngsten Umweltkatastrophen haben die Notlage der jemenitischen Bevölkerung zusätzlich verschärft.
«Die jemenitische Bevölkerung braucht dringend unsere Unterstützung»
Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Bundesrat Ignazio Cassis, hat die Unterstützung der Schweiz für die jemenitische Bevölkerung bekräftigt und die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die Finanzierung der humanitären Hilfe vor Ort fortzusetzen. «Es ist wichtiger denn je, dass die internationale Staatengemeinschaft handelt und den Jemenitinnen und Jemeniten hilft», so Cassis. «Die humanitäre Unterstützung darf nicht nachlassen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass das bisherige Engagement vergebens war und das Land weiter destabilisiert wird.»
Die Schweiz leistet langfristige Unterstützung. Im Jahr 2023 werden 14,5 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe im Jemen eingesetzt. Insgesamt hat die Schweiz in den letzten sieben Jahren finanzielle Mittel in Höhe von knapp 102 Millionen Franken bereitgestellt. «Die Frauen, Männer und Kinder im Jemen brauchen dringend unsere Unterstützung. Es liegt in unserer kollektiven Verantwortung», sagte der Vorsteher des EDA im Palais des Nations in Genf.
Ziel der Geberkonferenz ist es, eine bedarfsgerechte finanzielle Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft sicherzustellen, den Zusammenhalt der politischen und humanitären Akteure zu stärken, die Öffentlichkeit auf die verschlechterten Lebensbedingungen im Jemen aufmerksam zu machen und auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts in diesem Konflikt zu drängen.
Solidarités International will die Bevölkerung besser vor den gesundheitlichen Gefahren schützen
Im Jemen fehlt es mehr als 16 Millionen Menschen an Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung, da nur circa 30 Prozent der Bevölkerung Zugang zur Wasserversorgung haben. Dieser fehlende Zugang hat Epidemien wie Cholera und akuten Durchfall ausgelöst.
Die Nichtregierungsorganisation Solidarités International (SI) ist in den Provinzen Aden, Taïz und Hodeïdah aktiv, um insbesondere die schwächsten Teile der Bevölkerung vor den sanitären Gefahren zu schützen. Ziel dieses Projekts des DEZA-Partners ist es, durch die Bereitstellung von Trinkwasser die Umwelthygiene zu erhöhen, Hygienemassnahmen zu fördern und die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern. Um die Projekte so effektiv, nachhaltig und bedarfsgerecht wie möglich zu gestalten, arbeitet die NGO mit den lokalen Bezirksbehörden zusammen.«Das Vorgehen von SI ist beispielhaft, da die lokalen Behörden in die Konzeptionierung der Anlagen für die Siedlungen einbezogen und wir über die Projektdetails wie Budget und Beaufsichtigung der Arbeiten vor Ort informiert werden», so Abdullah Ali Eskander, Leiter der lokalen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft des Bezirks Al-Mokha. «Auf diese Weise können wir nachvollziehen, was passiert, was es kostet und wie wir in der Folge die Gemeinden und Dörfer unterstützen können. Ausserdem lernen wird dadurch viel über die öffentliche Wasserversorgung.»
Durch das Engagement von Solidarités International erhielten 2022 987 Personen Zugang zu Trinkwasser und können 720 jemenitische Schülerinnen und Schüler öffentlicher Bildungseinrichtungen von sicheren sanitären Einrichtungen profitieren. Im Weiteren wurden mehr als 88 000 Personen anhand von Informationsblättern für die Vermeidung von Krankheiten sensibilisiert.
Wie trägt die Schweiz zur Eindämmung der Krise bei?
In der Region des Mittleren Ostens und Nordafrikas (MENA) sind neben dem Jemen auch andere Länder von schweren bewaffneten Konflikten betroffen, was einen starken Wiederanstieg der Armut und sozialer Ungleichheiten sowie einen partiellen oder totalen Zerfall der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit zur Folge hat. Aus diesem Grund wurde die gesamte Region in der Aussenpolitischen Strategie der Schweiz 2020–2023 als Schwerpunktregion definiert.
Die Schweiz geniesst in der MENA-Region einen ausgezeichneten Ruf. Sie übernimmt als neutrales Land und Expertin im Bereich der guten Dienste zurzeit eine führende Vermittlerrolle bei internationalen Streitigkeiten und trägt dazu bei, dass die Konfliktparteien im Dialog bleiben. Im Jemen unterstützt die Schweiz den von der UNO geführten Friedensprozess.
In ihrer MENA-Strategie 2021–2024 legt die Schweiz den Fokus im Jemen auf zwei Themenbereiche: einerseits die Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit sowie die Einhaltung der Menschenrechte, andererseits den verstärkten Schutz der Zivilbevölkerung. Die Schweiz führt ihr humanitäres Engagement in den Bereichen Wasser, sanitäre Anlagen, Hygiene und Ernährungssicherheit fort. Schliesslich setzt sie sich dafür ein, dass alle am Konflikt beteiligten Parteien das humanitäre Völkerrecht achten.