Jobs, Klima, Migration und Rechtsstaat im Fokus der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2021-2024

Die internationale Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz ist ein aussenpolitisches Werkzeug, um gestützt auf die Bundesverfassung weltweit Not und Armut zu lindern, die Einhaltung der Menschenrechte zu verbessern, Demokratie zu fördern und die Umwelt zu schonen. Der Bundesrat verabschiedete am 19. Februar 2020 die Strategie und beantragt beim Parlament für die Umsetzung 11,25 Milliarden CHF.

Eine afrikanische Frau interviewt mit einem Mikrofon in einem Radiostudio eine andere Frau.

Geschlechtergleichstellung ist wichtig für eine nachhaltige Entwicklung und darum ein Ziel der Strategie der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz 2021-2024. © Fondation Hirondelle

Gestützt auf Bundesverfassung und Gesetz definieren Bundesrat und Parlament alle vier Jahre die Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz (IZA). Am 19. Februar 2020 verabschiedete der Bundesrat die IZA-Strategie. Bewaffnete Konflikte, der Klimawandel, Wassermangel oder der fehlende Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit bedrohen weltweit immer noch viele Menschen. Die Schweiz ist bestrebt, ihre IZA dort einzusetzen, wo sie ihre Wirkung voll entfalten kann. Deswegen werden für die Periode 2021-2024 thematische und geographische Schwerpunkte gesetzt.

Wir haben die Internationale Zusammenarbeit an Trends angepasst und neue Methoden der Armutsbekämpfung entwickelt. Mit den vier Schwerpunkten Jobs schaffen, Klimawandel bekämpfen, irreguläre Migration reduzieren und gute Gouvernanz fördern, wollen wir zur Sicherheit und Wohlstand in den Entwicklungsländern – und auch bei uns –beitragen.
Bundesrat Ignazio Cassis
Medienkonferenz 19.02.2020

Vier thematische Schwerpunkte, geografisch fokussiert

Damit das Engagement der Schweiz in der IZA wirksam bleibt, werden bis 2024 die Ressourcen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit des EDA auf vier Schwerpunktregionen verlagert: Osteuropa, Nordafrika und Mittlerer Osten, Subsahara-Afrika, Asien (Zentral-, Süd- und Südostasien). In diesen vier Regionen überschneiden sich aktuell die Bedürfnisse vor Ort, die langfristigen Interessen der Schweiz und der Mehrwert, den die Schweiz mit ihrer IZA erreichen kann. Die geografische Fokussierung stärkt die Wirksamkeit und Effizienz und bietet gleichzeitig Flexibilität, um auch auf Chancen ausserhalb der Schwerpunktländer zu reagieren.

Die IZA-Strategie verfolgt vier gleichwertige Ziele. Sie tragen zur Armutsreduktion und zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Agenda 2030 bei, welche 2015 von allen UNO-Mitgliedstaaten verabschiedet wurde. Die IZA verfolgt aber auch die längerfristigen Interessen der Schweiz: eine friedliche und gerechte internationale Ordnung, stabile und investitionsfreundliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Reduktion der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration sowie eine weltweite nachhaltige Entwicklung.

Ziel 1: Wirtschaftliche Entwicklung

Eine Frau und drei Männer arbeiten in blauer Arbeitskleidung an Computern.
Gute Bildung und Arbeitsplätze fördern die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gemeinschaft. © DEZA

Arbeitsplätze sind zentral für die wirtschaftliche Entwicklung und die Armutsreduktion. Die Schweiz orientiert sich bei der Umsetzung ihrer Entwicklungszusammenarbeit an ihrem dualen Bildungssystem. Dadurch werden Kompetenzen gefördert, die auf den verschiedenen Arbeitsmärkten in Entwicklungsländern gefragt sind. Die Schweiz trägt damit zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, zur Erschliessung von Märkten und zur Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen bei.

Ziel 2: Umwelt

Zwei Kinder mit einem Wasserkrug gehen durch ein ausgetrocknetes Flussbeet.
Die Auswirkungen des Klimawandels wirken sich über Landesgrenzen hinweg aus. Darum braucht es ein gemeinsames Handeln. © A. Ishokon

Der Klimawandel schreitet voran. Dies hat Folgen für Millionen von Menschen. Der Klimawandel kann extreme Armut und Hungersnöte verschärfen, zum Beispiel durch heftige Naturkatastrophen, den steigenden Meeresspiegel oder extreme Dürren.

Die IZA-Strategie sieht vor, rund 400 Millionen CHF pro Jahr in diesem Bereich aufzuwenden. Das sind 100 Millionen CHF mehr als in der laufenden Periode (2017-2020) und rund 15% des gesamten IZA-Budgets. Die Schweiz leistet damit in den Entwicklungsländern einen Beitrag an die Eindämmung des Klimawandels und an die Anpassung an dessen Folgen.

Ziel 3: Menschliche Entwicklung

Eine Gruppe von Flüchtlingen wandert in einem von dichtem Gras bewachsenen Feld.
Die Schweiz ist daran interessiert Flucht und irreguläre Migration zu reduzieren sowie Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten besser zu schützen. © Keystone

Die Schweiz ist bestrebt, Leben zu retten, eine hochwertige Grundversorgung sicherzustellen – namentlich Bildung und Gesundheit – sowie zur Verminderung der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration beizutragen. Im Fokus der IZA steht 2021-2024 auch die Migration. Über 70 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor bewaffneten Konflikten und Verfolgung, davon 85% in Entwicklungsländern. Die Schweiz ist daran interessiert, Flucht und irreguläre Migration zu reduzieren sowie Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in den Herkunfts- und Transitländern besser zu schützen.  Die IZA bearbeitet zudem die tiefer liegenden Ursachen irregulärer Migration wie Armut, bewaffnete Konflikte, schlechte Regierungsführung oder die Auswirkungen des Klimawandels. Damit schafft die Schweiz langfristig Perspektiven vor Ort.

Ziel 4: Frieden und Gouvernanz

Zwei Frauen füllen an einem Computer Wahlunterlagen aus.
Digitale Dienstleistungen, wie hier in der Ukraine, verstärken die politische Teilnahme der Bevölkerung und vermindern Korruption. © EGAP

Die Schweiz fördert mit ihrer IZA Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Geschlechtergleichstellung. Aufgrund ihrer langen demokratischen Tradition geniesst sie international einen ausgezeichneten Ruf. Die Einhaltung der Menschrechte, die Gleichstellung von Frauen und benachteiligten Personen sowie ein funktionierender Rechtsstaat sind wichtig für eine nachhaltige Entwicklung. Die Schweiz nimmt dabei auch ihre Partnerregierungen in die Verantwortung und unterstützt sie dabei, Korruption, Klientelismus und Misswirtschaft zu bekämpfen. Sie stärkt zivilgesellschaftliche Organisationen in Entwicklungsländern, damit diese von den Regierungen Rechenschaft einfordern und staatliche Aktivitäten besser überwachen können.

Zudem fördert die IZA in Friedensprozessen den Dialog zwischen Konfliktparteien. Die Schweiz arbeitet jeweils auf einen nachhaltigen Frieden hin, der für alle Betroffenen zufriedenstellend ist. Sie verfügt über eine international gefragte Expertise unter anderem in Mediation, Föderalismus oder Vergangenheitsarbeit.

IZA bleibt wichtig

Für die Botschaftsperiode 2017-2020 stellten unabhängige Evaluationen der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz ein gutes Zeugnis aus. Doch trotz vieler Erfolge bleiben zahlreiche Herausforderungen bestehen:

  • Der wirtschaftliche Aufschwung zahlreicher Entwicklungs- und Schwellenländer erfolgte bisher in hohem Mass auf Kosten der Umwelt.

  • Eine von zehn Personen ist weltweit von extremer Armut betroffen. Das ist zwar viel weniger als früher (1981 war es eine von vier), aber immer noch zu viel. Mehr als die Hälfte dieser extrem armen Menschen lebt in Subsahara-Afrika.

  • Es besteht weiterhin eine hohe Ungleichheit zwischen Mann und Frau, soziale Ausgrenzung und Mangel an Perspektiven für junge Menschen. Dies hat negativen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum und die Stabilität der betroffenen Staaten.

  • Bewaffnete Konflikte, wie in Syrien, Mali oder Jemen werden nicht von heute auf morgen beigelegt. Die Zahl der zivilen Opfer ist hoch und immer mehr Menschen werden in die Flucht getrieben.

In der Bundesverfassung ist verankert, dass die Schweiz zur «Linderung von Not und Armut in der Welt, zur Achtung der Menschenrechte und zur Förderung der Demokratie, zu einem friedlichen Zusammenleben der Völker sowie zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen» beiträgt. Vor diesem Hintergrund der bestehenden globalen Herausforderungen ist die IZA der Schweiz weiterhin wichtig.

Synergien der Bundesverwaltung werden genutzt

Umgesetzt wird die IZA von drei Bundesstellen: Der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und der Abteilung für Menschliche Sicherheit (AMS) im EDA sowie dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im WBF. Die DEZA ist für die Koordination der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe zuständig. Die AMS engagiert sich für Frieden, Menschenrechte und Schutz des Individuums. Das SECO konzentriert sich auf eine nachhaltige Wirtschafts- und Handelspolitik. DEZA, AMS und SECO ergänzen sich gegenseitig und nutzen Synergien.

Die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz

Die Aussenpolitik wird für den Wohlstand und die Sicherheit der Schweiz wichtiger. Die internationalen Bedingungen verändern sich stets. Gemäss der Aussenpolitischen Vision 2028 (AVIS28) braucht auch die IZA Mut zum Wandel. Da die Entwicklungszusammenarbeit mehr als die Hälfte des EDA Budgets ausmacht, soll sie bis 2028 innenpolitisch noch breiter abgestützt und fokussierter sein.

Mit dem Setzen geografischer und thematischer Schwerpunkte sowie der erstmaligen Vernehmlassung im Sommer 2019 ist die IZA-Strategie 2021-2024 ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Die starke Beteiligung in der Vernehmlassung zeugt von einem grossen Interesse an der IZA und hat dazu beigetragen, sie besser in der innenpolitischen Debatte zu verankern. Mit dem Einbezug des Mehrwerts der Schweizer IZA als eines von drei Kriterien für die strategische Ausrichtung setzt die Schweiz bewusst auf Stärken, die in ihrem eigenen Staatswesen verankert sind und zugleich global Mehrwert geniessen – ganz im Sinne von AVIS28.

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