Das Schweizer Engagement für die Folterbekämpfung
Der 26. Juni markiert den Internationalen Tag der Folteropfer, da an diesem Datum vor 34 Jahren die UN-Antifolterkonvention in Kraft trat. Die Bekämpfung von Folter ist ein Schwerpunkt der schweizerischen Aussenpolitik. Frau Jenny Piaget, Chefin der Sektion Menschenrechtsdiplomatie im Staatssekretariat des EDA, erläutert das schweizerische Engagement für die Bekämpfung der Folter und für die Rehabilitation der Folteropfer ein.
Eine Zelle im Tuol Sleng Genozidmuseum, Phnom Penh, Kambodscha. © Marcin Czerniawski / Unsplash.
Frau Piaget, die neuen Leitlinien Menschenrechte 2021-2024 definieren Folter als einen der Schwerpunkte unserer Menschenrechtsdiplomatie. Warum setzt sich die Schweiz für dieses Anliegen ein?
Folter und Gewalt von Sicherheitskräften sind zuerst für die Opfer selbst und für ihre Familien dramatische Vorkommnisse. Folter hat aber auch negative Auswirkungen auf ganze Gesellschaften. Sie stellt Frieden und Sicherheit in Frage. Die Auswirkungen der Folter gehen über das persönliche Schicksal hinaus und schaffen ein Klima der Unsicherheit und Konflikte. Der Schwerpunkt der Folterbekämpfung in der schweizerischen Aussenpolitik muss daher auch im Kontext einer breiteren Logik des Schweizer Engagements für den Frieden gesehen werden.
Was macht die Schweiz, um Folter zu bekämpfen?
Obwohl das Völkerrecht die Folter immer und unter allen Umständen verbietet, ist sie in der Praxis immer noch weit verbreitet. Die meisten Fälle passieren in Polizeigewahrsam, bei Verhören oder in Gefängnissen. Daher bezieht sich ein grosser Teil des Schweizer Engagement auf diese Bereiche. Das Fakultativprotokoll zur Antifolterkonvention, das übrigens auf die Initiative eines Schweizer, Jean-Jacques Gautier, zurückgeht, sieht unabhängige Besuche von Orten des Freiheitsentzugs vor. In der Schweiz wird diese Rolle von der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) erfüllt. Da die Schweiz von der Wirksamkeit solcher Kontrollbesuche durch unabhängige Gremien überzeugt ist, fördert sie die Ratifizierung der Antifolterkonvention und des Fakultativprotokolls. Zudem nutzt die Schweiz die Expertise der Zivilgesellschaft, um einen konkreten Unterschied zu machen. Die Weltorganisation gegen Folter (OMCT) und die Association pour la prévention de la torture (APT), langjährige Partnerorganisationen des EDA, wenden einen konstruktiven Ansatz an, der auf dem Dialog mit Staaten basiert, um die Folterprävention voranzutreiben. Momentan unterstützt die Schweiz unter anderem ein Projekt der OMCT, in welchem nationale Zivilgesellschaftsorganisationen und Präventivmechanismen bei der Umsetzung der Antifolterkonvention und der Empfehlungen des UNO-Ausschusses gegen Folter unterstützt werden.
Trotz des langjährigen Engagements der Schweiz und anderer gleichgesinnter Staaten ist Folter weiterhin weit verbreitet. Können wir da wirklich einen echten Unterschied machen?
Klar ist Folter in den letzten Jahrzehnten nicht verschwunden. Studien zeigen aber, dass seit dem Inkrafttreten der Antifolterkonvention im Jahr 1987 die Inzidenz der Folter um rund 30% zurückging. Solche Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen, aber der Trend ist klar. Dazu beigetragen hat auf jeden Fall die Schaffung unabhängiger Überwachungsorgane und andere Massnahmen. Ein neues Thema sind gewaltfreie Verhörmethoden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass solche Verhörmethoden zu besseren Resultaten führen, als erzwungene Geständnisse. Unsere institutionelle Partnerorganisation APT in Genf hat kürzlich Prinzipien für wirksame Verhörmethoden lanciert. Wichtig bleibt auch das Engagement für Folteropfer. Jeder betroffene Mensch hat das Recht auf Rehabilitation. Das EDA unterstützt dazu lokale Zivilgesellschaftsorganisationen, die medizinische und psychologische Betreuung anbieten, aber auch den UNO-Fonds für Folteropfer, der sich weltweit für Opfer einsetzt.