Ein fragiler Frieden im Südsudan

Seit seiner Unabhängigkeit 2011 ist der Südsudan Schauplatz bewaffneter Konflikte und humanitärer Krisen. Vor knapp fünf Jahren hat ein Friedensabkommen den Krieg zwar auf nationaler Ebene beendet. Doch dieser Frieden ist fragil. Die Spannungen bestehen weiter. Die Schweiz ist vor Ort in der Friedenspolitik, der Entwicklungszusammenarbeit und mit humanitärer Hilfe aktiv. Im UNO-Sicherheitsrat unterstützte die Schweiz die Verlängerung des Mandats der UNO-Mission im Südsudan (UNMISS), die eine kritische Rolle für Frieden und Sicherheit spielt.

Ein Kind hält einen modellierten UNO-Friedenssoldaten und ein modelliertes Gewehr in den Händen.

Der modellierte UNO-Blauhelmsoldat steht symbolisch für die Bemühungen der UNMISS für Stabilität und Frieden im Südsudan, wo trotz eines Friedenabkommens Gewalt an der Tagesordnung steht. © Keystone

Konflikt und Gewalt, Mangel an Nahrung, Überschwemmungen und die Folgen des Klimawandels überschatten den Alltag der über zwölf Millionen Menschen im Südsudan. 2011 hat der Staat seine Unabhängigkeit vom Sudan erlangt. Doch bereits 2013 zerbrach die Regierung, worauf zwei Bürgerkriege folgten, denen Hundertausende zum Opfer fielen. Millionen von Menschen wurden vertrieben, wovon etwa die Hälfte Frauen und Kinder sind. Hintergrund der Gewalt sind tiefe gesellschaftliche Gräben sowie Streitigkeiten über den Zugang zu natürlichen Ressourcen wie Erdöl und Weideland sowie zu Macht auf nationaler und lokaler Ebene. Im Jahr 2018 ist ein Friedensvertrag zwischen den Konfliktparteien ausgehandelt worden. 

Ein Konvoi weisser gepanzerter UNO-Fahrzeuge fährt eine staubige Strasse entlang.
Die UNMISS wirkt im Südsudan stabilisierend und ist von zentraler Bedeutung für die Umsetzung des Friedensabkommens sowie für den Aufbau demokratischer staatlicher Institutionen. © UN Photo

Seit der Unabhängigkeit des Staats im 2011 ist die UNO-Mission im Südsudan (UNMISS) vor Ort aktiv, deren Mandat der UNO-Sicherheitsrat am 15. März 2023 für ein weiteres Jahr verlängert hat. Als Mitglied des Rats hat die Schweiz die Resolution unterstützt. Die Aufgaben der UNMISS umfassen den Schutz der Zivilbevölkerung, die logistische Unterstützung der humanitären Hilfe, die Stärkung der Resilienz der Bevölkerung, die Unterstützung und Umsetzung des Friedensprozesses, die Förderung des humanitären Völkerrechts und die Stärkung der Menschenrechte. Diese Prioritäten entsprechen auch den aussenpolitischen Zielen der Schweiz im Südsudan.

Festigung des Friedens im Südsudan

Die politische Situation bleibt weiterhin fragil. Die Umsetzung des Friedensabkommens von 2018 kommt kaum voran. Die Bildung einer Übergangsregierung im Februar 2020 beschleunigte diesen Prozess nur unwesentlich. Der Waffenstillstand auf nationaler Ebene besteht zwar bis heute, doch auf subnationaler Ebene steht Gewalt leider nach wie vor an der Tagesordnung. Die UNMISS spielt deshalb eine wichtige Rolle. Als bewaffnete Blauhelmmission kann sie sich aktiv für den Schutz der Zivilbevölkerung einsetzen. Mit ihrer Präsenz im ganzen Land wirkt sie stabilisierend und ist von zentraler Bedeutung für die Umsetzung des Friedensabkommens sowie für den Aufbau demokratischer staatlicher Institutionen.

Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren für nachhaltigen Frieden

Die Schweiz spielt im Südsudan eine besondere Rolle. Die Existenz des Südsudan als politisch unabhängiger Staat ist massgeblich durch die erfolgreichen Friedensverhandlungen mit der früheren sudanesischen Regierung ermöglicht worden. Die Guten Dienste der Schweiz waren dabei von zentraler Bedeutung und die Gespräche sind teilweise auch auf dem Bürgenstock in der Schweiz geführt worden. Deshalb und aufgrund ihrer langjährigen Präsenz vor Ort geniesst die Schweiz das Vertrauen vieler politischer und internationaler Akteure im Südsudan. Dies hilft ihr heute beim friedenspolitischen Engagement, der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe.

Im Bereich der Friedenspolitik begleitet die Schweiz gemeinsam mit anderen internationalen Partnern die Übergangsregierung und die weiteren Vertragsparteien bei der Umsetzung des Friedensabkommens von 2018. Ziel ist es, dass im Südsudan, dem jüngsten Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft, Ende 2024 die ersten demokratischen Wahlen durchgeführt werden und im Frühling 2025 eine vom Volk gewählte Regierung ihre Arbeit aufnehmen kann. Zentrale Bedingungen hierfür sind die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens und die Einbindung aller relevanten politischen Gruppierungen in die Gestaltung der Zukunft des Landes. 

Zehn afrikanische Männer und eine Frau stehen vor einen weissen UNO-Helikopter auf sandigem Boden.
Mit logistischer Unterstützung der UNMISS leitete Bischof Arkanjelo Lemi Wani (5. von links), vom EDA ausgebildeter Mediator des südsudanesischen Kirchenrats (SSCC), einen Friedensdialog in Tambura. © EDA / Georg Stein

Neben politischen Parteien, bewaffneten Gruppen und den internationalen Partnern des Südsudan spielen auch gesellschaftliche Institutionen eine wichtige Rolle. Es ist deshalb eine Priorität der Schweiz, lokale Akteure zu beraten, die vor Ort zur Konfliktlösung beitragen. Einer dieser Akteure ist der ökumenische Dachverband der südsudanesischen Kirchen (South Sudan Council of Churches, SSCC). Georg Stein, Berater für menschliche Sicherheit der Abteilung Frieden und Menschenrechte des EDA im Südsudan, begleitet den SSCC in seiner Friedensarbeit: «Die Kirchen sind seit vielen Jahren in Friedensinitiativen engagiert und haben wiederholt zur Lösung von gewalttätigen Konflikten beigetragen. Sie werden von Konfliktparteien als unparteiisch angesehen und haben eine moralische Autorität, die im ganzen Land wirkt: von der Familie im Dorf bis zur politischen Führung in der Hauptstadt.» 

Kirchen werden von Konfliktparteien als unparteiisch angesehen und haben eine moralische Autorität, die im ganzen Land wirkt: von der Familie im Dorf bis zur politischen Führung in der Hauptstadt.
Georg Stein, Berater für menschliche Sicherheit im Südsudan

Die Schweiz stellt hierfür ihre eigene Mediationsexpertise zur Verfügung. Sie berät den SSCC – auf dessen Anfrage hin – bei der Entwicklung und Durchführung von Friedensinitiativen, die sich insbesondere bei der Beilegung subnationaler Konflikte sehr bewährt haben. «Als Schweiz können wir in erster Linie methodische Unterstützung bieten, insbesondere im Bereich der Prozessgestaltung. Für besonders heikle Gespräche bieten wir zudem die Schweizer Büros als «neutralen Boden» an. Das «Swiss House» in Juba wird als Ort geschätzt, wo schwierige Themen in einer vertraulichen Atmosphäre frei besprochen werden können.» Zur Logik des Aufbaus lokaler Mediationskompetenzen gehört auch, dass die Schweiz dabei nicht das Rampenlicht sucht. «Während der eigentlichen Verhandlungen bleiben wir jeweils im Hintergrund. Der Kirchenrat weiss mittlerweile haargenau, wie mit den Konfliktparteien umzugehen ist. Die Früchte dieser Arbeit zu sehen, wie beispielsweise anlässlich einer traditionellen Versöhnungszeremonie zwischen verschiedenen Gemeinschaften in Ikwoto County in Eastern Equatoria ist absolut faszinierend», erklärt Georg Stein.

Der Kirchenrat weiss haargenau, wie mit den Parteien umzugehen ist. Die Früchte dieser Arbeit zu sehen ist absolut faszinierend.
Georg Stein, Berater für menschliche Sicherheit im Südsudan

Stärkung der Autonomie der südsudanesischen Bevölkerung

Die politische Instabilität und die weitverbreitende Gewalt auf subnationaler Ebene wirken sich verheerend auf die humanitäre Lage im Land aus. Die kumulativen Auswirkungen des jahrelangen Konflikts, die chronische Ernährungsunsicherheit, der Mangel an grundlegenden Dienstleistungen und die Folgen des Klimawandels haben dazu geführt, dass mehr als zwei Drittel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen ist. Über 60 Prozent der Bevölkerung ist von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen.

Ziel der Schweiz ist es, den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen einen sicheren Zugang zu Nahrungsmitteln zu gewährleisten und die Ernährungsautonomie zu fördern. Dabei stehen das Zusammenwirken der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit im Vordergrund, um die Resilienz der betroffenen Bevölkerung nachhaltig zu stärken. Dies geschieht zum Beispiel durch die Unterstützung der Ausbildung von Bäuerinnen und Bauern im Bereich der Steigerung und Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion.

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