Schweiz setzt sich für die Stärkung des Humanitären Völkerrechts ein
"Humanitäres Völkerrecht: was tut die Schweiz?" Das EDA, das VBS, das Rote Kreuz und das Parlament werden diese Frage am 18. November 2020 an einer Online-Podiumsdiskussion behandeln, die allen offen steht. Dies wird eine Gelegenheit sein, daran zu erinnern, dass die Schweiz eine lange humanitäre Tradition hat, die von unserem Land entwickelten guten Praktiken vorzustellen und die vielen noch zu bewältigenden Herausforderungen aufzuzeigen.
Ein Ruinenfeld in Idlib, Syrien, wo im Januar 2020 mehrere Krankenhäuser und Gesundheitsdienste von den Kriegsparteien angegriffen wurden. © Keystone
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«Humanitäres Völkerrecht: Was tut die Schweiz?»
Im Oktober 2016, wurde ein Zentralkrankenhaus von Aleppo, der zweitgrössten Stadt Syriens, die durch anhaltende Militärangriffe belagert wurde, zerstört, wodurch das gesamte Gesundheitssystem der Region lahmgelegt, viele Zivilisten getötet und Kriegsverletzte daran gehindert wurden, lebensrettende medizinische Versorgung zu erhalten. Seither wurden in der Provinz Idlib die gleichen Praktiken, nämlich die Zerstörung medizinischer Einrichtungen, beobachtet. Zahlreiche Menschen trauern um ihre kranken Familienmitglieder, die in einem Krankenhaus gestorben sind, das nach einem Luftangriff zusammengebrochen ist. Tausende von zivilen Opfern - Kinder, Frauen und ältere Menschen - haben ihr Leben verloren, obwohl sie nicht an den Feindseligkeiten teilgenommen haben.
Die Achtung und der Schutz der Verwundeten, der Kranken und des medizinischen Personals ist eine der grundlegenden Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts (HVR). Die Schweiz verurteilt sämtliche Angriffe auf Gesundheitsinfrastrukturen. Im weiteren Sinne setzt sich das EDA im Einklang mit der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023 für eine bessere Einhaltung und Stärkung des humanitären Völkerrechts ein. "Jeden Tag rettet das HVR Menschenleben. Es verhütet und verringert das Leid in Kriegen und trägt so zu Frieden und Sicherheit bei. Es ist folglich von fundamentaler Bedeutung, das HVR einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen", betont Bundesrat Ignazio Cassis im freiwilligen Bericht über die Umsetzung des humanitären Völkerrechts durch die Schweiz, den der Bundesrat im August 2020 verabschiedet hat.
Die humanitäre Tradition der Schweiz, ein historisches Erbe
Die Notwendigkeit, Verwundete und Kranke zu schützen, war vor mehr als 150 Jahren der Ausgangspunkt für das humanitäre Völkerrecht. In der Tat war es als Reaktion auf diese Notwendigkeit, dass Henry Dunant das erste Komitee des Roten Kreuzes gründete und 1864 die erste Genfer Konvention ausgearbeitet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf Initiative der Schweiz die vier Genfer Konventionen von 1949 verabschiedet, welche inzwischen von allen Staaten ratifiziert worden sind. Die Genfer Konventionen von 1949 bilden den Kern des humanitären Völkerrechts. Dieses verbietet Folter, die Zerstörung von zivilem Eigentum, den Einsatz von chemischen und Antipersonen-Waffen sowie die Plünderung des kulturellen Erbes. Es schützt auch humanitäre Akteure.
Das Engagement der Schweiz - der Geburtsstätte des humanitären Völkerrechts - ist somit Teil einer humanitären Tradition, die weltweit anerkannt ist. Diese Tradition, zusammen mit ihrer Neutralität und ihrem Status als Depositarstaat der Genfer Konventionen, verleiht ihr eine besondere Legitimität im Bereich des humanitären Völkerrechts.
Die Schweiz ist sowohl auf internationaler Ebene als auch im Inland aktiv
Schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht sind Kriegsverbrechen und diese Verbrechen müssen strafrechtlich verfolgt werden. Die Schweiz engagiert sich gegen Straflosigkeit. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat das Mandat, Kriegsverbrechen zu verfolgen, wenn die nationalen Behörden dies nicht tun. Dieses Vorgehen hat eine abschreckende Wirkung und trägt zur Umsetzung des humanitären Völkerrechts bei. Aus diesem Grund setzt sich die Schweiz für einen wirksamen IStGH ein.
Da gewisse Bestimmungen des humanitären Völkerrechts in Friedenszeiten gelten, handelt die Schweiz auch auf ihrem eigenen Territorium. So hat sie beispielsweise rund 320 Bergungsorte (« safe havens ») im ganzen Land geschaffen. Diese Schutzräume ermöglichen es, mobile Kulturgüter aus dem Ausland zu lagern, wenn sie von bewaffneten Konflikten oder Naturkatastrophen bedroht sind.
Drei Höhepunkte im Jahr 2020
Im Jahr 2020 hat die Schweiz mit drei Initiativen, die sich sowohl an Schweizer Bürgerinnen und Bürger als auch an die internationale Gemeinschaft richten, besondere Anstrengungen zur Förderung des humanitären Völkerrechts unternommen. Wie Bundesrat Ignazio Cassis es ausdrückte: "Innen- und Aussenpolitik sind eng miteinander verschränkt. Das ist Demokratie. Es ist in der Tat dieselbe Bevölkerung, die durch ihre rechtmässigen institutionellen Organe bestrebt ist, eine auf nationaler und internationaler Ebene kohärente Politik zu entwickeln."
Einer der Höhepunkte des Jahres war die Verabschiedung des freiwilligen Berichts über die Umsetzung des humanitären Völkerrechts durch die Schweiz am 12. August durch den Bundesrat. Dieser Bericht gibt einen umfassenden Überblick über die Umsetzung des humanitären Völkerrechts in unserem Land. Die Schweiz gehört zu den ersten Staaten, die sich auf einen solchen Prozess eingelassen haben. Freiwillige Berichte tragen dazu bei, den zwischenstaatlichen Dialog über Herausforderungen und bewährte Praktiken zu fördern. Dieser Dialog ist unerlässlich, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu verbessern.
Vom 2. bis 5. November 2020 organisierte die Schweiz zudem ein virtuelles Treffen von Regierungsexperten zum Thema Schutz medizinischer Aktivitäten in bewaffneten Konflikten. Der Austausch, für den sich mehr als 280 Personen aus rund 100 Ländern angemeldet hatten, ermöglichte es, gute Praktiken zu identifizieren und zu diskutieren. Die Staaten können nun auf diese zurückgreifen, um die Umsetzung des humanitären Völkerrechts auf nationaler Ebene voranzutreiben.
Schliesslich organisieren die Direktion für Völkerrecht des EDA und das Schweizerische Rote Kreuz am 18. November 2020 gemeinsam eine Podiumsdiskussion zum Thema "Humanitäres Völkerrecht: was tut die Schweiz?". Dieser Anlass ist eine Gelegenheit, einen Dialog mit Nichtregierungsorganisationen, akademischen Kreisen und insbesondere mit den Bürgern herzustellen, und sich sowohl über bewährte Praktiken als auch über die zu bewältigenden Herausforderungen auszutauschen.
Verstärktes Engagement zur Bewältigung der Herausforderungen der Digitalisierung
Dazu gehört auch die Verknüpfung zwischen neuen Technologien und humanitärer Tätigkeiten. Angesichts der wachsenden Bedürfnisse und dank der einzigartigen Rolle des internationalen Genf setzt das EDA sein Engagement fort, um den neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu begegnen. Dieses Thema wird im freiwilligen Bericht und in seinem Aktionsplan, der bis 2023 umgesetzt werden soll, weiterentwickelt. All diese Schritte zielen darauf ab, die Umsetzung des humanitären Völkerrechts zu verbessern und letztlich das Leiden der Opfer bewaffneter Konflikte zu lindern.