IC Forum 2025: Wie Wirtschaftswachstum zur Transformation beiträgt

Das International Cooperation Forum findet dieses Jahr zum vierten Mal statt. Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Forschung, Philanthropie und Zivilgesellschaft kommen am 27. und 28. Februar 2025 an der ETH Zürich zusammen, wo sie sich dem Thema des Wirtschaftswachstums in Entwicklungs- und Transitionsländern widmen. Der Anlass wird gemeinsam vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (Staatssekretariat für Wirtschaft) organisiert. Der Vorsteher des EDA, Ignazio Cassis, und der Vorsteher des WBF, Guy Parmelin, nehmen am Forum teil.

Am 4. IC Forum, das dem Thema Wirtschaftsentwicklung gewidmet ist, stehen verschiedene Fragen im Zentrum.

Am 4. IC Forum, das dem Thema Wirtschaftsentwicklung gewidmet ist, stehen verschiedene Fragen im Zentrum. © EDA

Das International Cooperation Forum dient als kritische Dialogplatfform, die zum gegenseitigen Lernen anstossen soll. Dieses Jahr steht das Wirtschaftswachstum in Entwicklungs- und Transitionsländern im Zentrum. Akteure der internationalen Zusammenarbeit setzen sich in Partnerschaft mit dem Privatsektor für die Förderung von nachhaltiger Entwicklung und Wachstum ein. Dabei stehen Themen der nachhaltigen Finanzierung, der Förderung des Unternehmertums, Integration in globale Wertschöpfungsketten und Innovation im Vordergrund. Um an der Veranstaltung teilzunehmen, können Sie sich direkt hier anmelden. 

Transformation in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung ist als gesellschaftlich organisierter Prozess zu verstehen, bei dem nicht nur institutionelle, sondern auch soziale und wirtschaftliche Strukturen relevant sind. Der Privatsektor als Bestandteil wirtschaftlicher Strukturen trägt zu markorientierten Lösungen bei, welche die Produktion und den Zugang zu wichtigen Gütern und Dienstleistungen in Entwicklungs- und Transitionsländern fördern und dadurch zu verbesserten Lebensbedingungen führen. 

Die systematische Förderung des Privatsektors und gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Entwicklungs- und Transitionsländer sind zentrale Ansatzpunkte der Schweizer Strategie der Internationalen Zusammenarbeit 2025-2028 (IZA). Die Schweiz unterstützt internationale Standards und gute Praktiken der Unternehmensführung, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit wie auch die Achtung der Menschenrechte. 

Schweizer Lösungen für einen nachhaltigen Handel

Porträt von Monica Rubiolo, Leiterin der Handelsförderung des Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).
Monica Rubiolo, Leiterin der Handelsförderung des Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). © SECO

Eingeleitet wird das IC Forum nach der Eröffnungsansprache von Bundesrat Guy Parmelin und einer Präsentation von WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala mit drei verschiedenen Themenblöcken. Einer davon befasst sich mit dem nachhaltigen Kakaohandel.

Kakaobohnen bilden die Lebensgrundlage von rund sechs Millionen Menschen, welche ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen erzielen, das unter der Armutsgrenze von 2.15 Dollar pro Tag liegt. Mithilfe der Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao (SWISSCO) sollen die Lebensbedingungen der Kakaobäuerinnen und -bauern verbessert werden, der Schutz natürlicher Ressourcen und die Förderung der Artenvielfalt in den Anbauländern garantiert werden. SWISSCO bringt die Akteure der Kakao- und Schokoladenindustrie, staatlichen Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Forschungsinstituten zusammen, um innovative Lösungen zu finden.

Monica Rubiolo, Vorstandsmitglied von SWISSCO und Leiterin der Handelsförderung des Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), kennt die Herausforderungen in der Kakaoindustrie hinsichtlich der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. 

Was sind wichtige Chancen und Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit in der Kakao- und Schokoladenproduktion?

Kakao wird in verschiedenen tropischen Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern angebaut. So unterstützt der Anbau den Lebensunterhalt von weltweit rund 50 Millionen Bäuerinnen und ihren Familienmitgliedern. Allerdings sind diese Kleinbauern verschiedenen Risiken wie Preisschwankungen, Klimawandel, Schädlingsbefall etc. ausgesetzt. Zudem sind die Anbauflächen meist sehr klein und die Produktivität sehr tief. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Kakaobauern oft kein existenzsicherndes Einkommen erzielen. Diese Armut kann auch dazu führen, dass Kinder auf den Feldern arbeiten müssen oder durch Entwaldung neue Anbauflächen erschlossen werden.

Es gilt, diesen Teufelskreis zwischen nicht nachhaltigem Anbau und Armut durch einen möglichst umfassenden Ansatz zu durchbrechen. Dazu beitragen können bspw. stabilere und höhere Ab-Hof-Preise, resistentere Sorten sowie Massnahmen zur Steigerung der Produktivität. Dies bedingt eine Zusammenarbeit zwischen allen Marktteilnehmenden, inkl. Regierungen in den Anbauländern.

Der Anteil nachhaltiger Kakao-Importe in die Schweiz konnte zwischen 2018 und 2023 von 55 % auf 82 % erhöht werden, wie konnte dies erreicht werden?

Die Mitglieder der Kakaoplattform haben sich zum Ziel gesetzt, sicherzustellen, dass bis 2030 der gesamte in die Schweiz importierte Kakao aus nachweislich nachhaltiger Produktion stammt. Dies erfordert das Engagement und die Zusammenarbeit aller interessierten Akteure: Händler, Schokoladenhersteller, Detailhandel, Zivilgesellschaft, Forschung sowie Staat.

Die Mitglieder der Kakaoplattform haben sich zum Ziel gesetzt, sicherzustellen, dass bis 2030 der gesamte in die Schweiz importierte Kakao aus nachweislich nachhaltiger Produktion stammt.

Wir sind stolz, konnte das von den Mitgliedern gesetzte Etappenziel von 80% nachhaltiger Importe per 2025 bereits erreicht werden konnten. Bis zur Erreichung einer vollständigen Nachhaltigkeit ist es indes noch ein weiter Weg.

Welche Rolle übernimmt der Staat bei der Förderung einer nachhaltigen Kakaoproduktion?

Als Vertreter des öffentlichen Sektors innerhalb der Kakaoplattform kann das SECO die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure fördern. Wir tun das insbesondere über konkrete Projekte, mit denen wir a) das Wissen und den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedern, b) Innovationen im Bereich nachhaltiger Anbau sowie c) die Kooperation verschiedener Stakeholder im Rahmen sogenannter Landscape-Ansätze unterstützen. Von letzterem Ansatz erhoffen wir uns, dass wir eine breitere Wirkung erzielen können, da auch Bauern und Bevölkerungsgruppen ausserhalb der internationalen Wertschöpfungsketten erreicht werden können.

Wichtig ist aber natürlich auch die Rolle des Staates in den Produzentenländern, denn dieser schafft die Rahmenbedingungen für die Kakaoproduktion. Wir versuchen, über einen Politikdialog in einen konstruktiven Austausch mit den Regierungen der Produzentenländer zu treten, um sie in der Schaffung nachhaltigkeitsfördernder Rahmenbedingungen zu unterstützen.

 

Was wirklich zählt ist, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und vorhandene Chancen zu ergreifen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Zum Schluss möchten wir Ihnen zwei der zentralen Fragen des IC-Forums 2025 stellen: 

What matters?

Was wirklich zählt ist, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und vorhandene Chancen zu ergreifen, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Konkret müssen im Kakaosektor sowohl die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen der Kakaobauern als auch der Umweltschutz von allen beteiligten Akteuren besser berücksichtigt werden. Das bedeutet, die Lebensbedingungen in den Ursprungsländern zu verbessern, indem Produktivität und Zugang zu internationalen Märkten gefördert werden. Gleichzeitig muss der CO2-Fussabdruck der Produktion minimiert und der Erhalt der Biodiversität sichergestellt werden. Eine nachhaltige Kakaoproduktion ist wichtig für eine stabile Wirtschaftsstruktur in den Anbauregionen. Gleichzeit erlaubt sie der Schweizer Wirtschaft den langfristigen Zugang zu Rohstoffen aus nachhaltiger Produktion.

What is sustainable?

Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir heute so handeln, dass wir die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Im Kontext der Kakaoproduktion heisst das, dass wir sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung übernehmen. Es geht darum sicherzustellen, dass die Kakaobauern unter fairen Bedingungen arbeiten und ein Leben in Würde führen können, gleichzeitig aber auch die Umwelt zu schonen, etwa durch den Schutz der Biodiversität und die Reduktion von CO2-Emissionen. Nachhaltigkeit ist also multidimensional und umfasst neben dem Schutz der Natur auch den respektvollen Umgang mit den Menschen sowie eine faire Bewirtschaftung von Ressourcen und Wohlstand.

Der lokale Privatsektor als Rückgrat des Wohlstands

Porträt von Patrick Egli, Co-Leiter der Sektion Wirtschaft und Bildung innerhalb der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).
Patrick Egli, Co-Leiter der Sektion Wirtschaft und Bildung innerhalb der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). © DEZA

Am zweiten Tag des IC-Forums 2025 widmet sich ein weiterer Themenblock dem lokalen Privatsektor in den Partnerländern der Schweizer IZA. Dabei werden innovative Wege diskutiert, wie Investitionen dazu beitragen können, das Potenzial des Privatsektors als Rückgrat des Wohlstands in Entwicklungs- und Transitionsländern zu erschliessen.

Ein innovatives Beispiel ist Aceli Africa, eine marktorientierte Plattform, die Finanzmittel für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Agrarsektor mobilisiert. Leistungsfähige KMUs sind zentral für die Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsplätzen und von Einkommen. Sie haben erhebliches Potenzial, den Agrarsektor in Ostafrika anzukurbeln und die steigende Nachfrage nach Lebensmitteln zu decken.  Ziel dieses Programms ist die Förderung eines wettbewerbsfähigen und effizienten Kreditmarktes sowie die Gewinnung verlässlicher Wirkungsdaten, welche die wirtschaftlichen Vorteile von Krediten belegen.

Patrick Egli kennt die Chancen und Herausforderungen des nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Bevor er die Position als Co-Leiter der Sektion Wirtschaft und Bildung innerhalb der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit übernahm, war er in Bosnien und Herzegowina für das IZA Wirtschaftsportfolio zuständig.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie beim Projekt Aceli Africa für das nachhaltige Wirtschaftswachstum in Ostafrika?

Die Landwirtschaft ist ein zentraler Sektor für die Wertschöpfung und für die Beschäftigung in Ostafrika insbesondere auch für arme Menschen in ländlichen Gebieten. Obwohl über 60% der Bevölkerung in Ostafrika in der Landwirtschaft tätig sind, bleibt der Sektor chronisch unterfinanziert. Es gibt tausende von KMU, die für den Ankauf, die Verarbeitung, die Lagerung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten (Lebensmittel, Saatgut etc.) auf Kredite angewiesen sind, um ihre Produktivität weiter zu steigern. Auf der anderen Seite gibt es kaum Banken oder Kreditsysteme, die aufgrund von hohen Risiken im Landwirtschaftsbereich und im Verhältnis dazu geringen Renditen, Kredite an solche Unternehmen vergeben. Dies erlaubt es nicht, das Wachstumspotenzial auszuschöpfen. Die hat negative Auswirkung auf Beschäftigung und Versorgung. Um dieses Problem zu lösen, bietet Aceli kommerziellen Kreditgebern und Impact-Investoren Unterstützung und intelligente Anreize, um ertragsschwache Agrarunternehmen mit hoher Wirkung in Afrika zu finanzieren. Auf diese Weise beeinflusst Aceli die Lebensgrundlagen von Landwirten, Arbeitern und ihren Gemeinden sowie die lokale Umwelt positiv.

Aceli Africa ist Teil des Themenblocks «Innovation und Investition». Warum würden Sie sagen, dass das Projekt ein innovatives Investitionsprojekt ist?

Aceli passt eine Finanzierungsinnovation an den neuen Kontext der Agrarkredite in Afrika an. Es handelt sich dabei um Social Impact Incentives (SIINC) oder Wirkungsboni, die von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) für die Finanzierung von Sozial- und Impact-Unternehmen mitentwickelt wurden. Anreize sind eine äusserst effektive Möglichkeit, knappe Gelder wirksam einzusetzen. Banken erhalten Garantien und Prämien, um die Risiken und die Kosten der Kredite an KMU im Agrarsektor zu verringern. Dies erschliesst entwicklungswirksame Investitionen im äusserst wichtigen Segment der landwirtschaftlichen KMU im Agrarsektor. Zusätzlich erhalten die Kreditinstitute Boni für Kredite von KMU, die von Frauen und jungen Menschen geführt werden sowie für Projekte, die die Umwelt schonen und die Ernährungssicherheit fördern. Die ersten Betriebsjahre haben bestätigt, dass kleine Anreize ausreichen, um die Investitionen der Bank in Agrarsektor zu leiten. Seit 2020 sind es bereits 41 Banken und Impact-Investoren, die Partner von Aceli sind und es wurden bereits über 2'800 Kredite für über 145 Millionen USD vergeben.

Welche kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen können Investitionsprogramme wie Aceli Afrika auf das Wirtschaftswachstum und die lokale Bevölkerung haben?

Das Projekt konnte bereits eine positiven Impakt auf über 1,3 Millionen Kleinbauern nachweisen.

Natürlich geht es uns nicht nur um die Vergabe von Krediten, sondern vor allem darum, was daraus an konkreten Entwicklungsresultaten resultiert: Das Projekt konnte bereits eine positiven Impakt auf über 1,3 Millionen Kleinbauern nachweisen. Diese Kleinbauern konnten beispielsweise ihre Produkte zu besseren Bedingungen verkaufen. Die beteiligten KMU schafften bereits über 43'000 Stellen, davon 39% für Frauen, die ein dauerndes Einkommen erhalten, was vorher nicht der Fall war. Wie sich das Einkommen der Kleinbauern verändert hat, wird zurzeit noch evaluiert. Dies sind vielversprechende Resultate.

Wachstum ist wichtig, es ist ein Treiber der Entwicklung. Es geht, darum, dass das Wachstum nachhaltig ist, also neben wirtschaftlichen Aspekten gleichberechtigt auch ökologische und soziale Aspekte miteinschliesst.

Zum Schluss möchten wir Ihnen zwei der zentralen Fragen des IC-Forums 2025 stellen: 

What is growth?

Wachstum ist wichtig, es ist ein Treiber der Entwicklung. Es geht, darum, dass das Wachstum nachhaltig ist, also neben wirtschaftlichen Aspekten gleichberechtigt auch ökologische und soziale Aspekte miteinschliesst. Diese drei Dimensionen sollten im Einklang stehen und - wie wir am Beispiel von Aceli sehen - lassen sich diese Aspekte gemeinsam fördern. Es braucht hierzu gute Rahmenbedingungen, einen starken Privatsektor, Innovationskraft, Kapital und Arbeitskräfte, die über die relevanten Fähigkeiten verfügen. All dies sind Aspekte, die wir im IC Forum 2025 beleuchten.

What is it worth?

Die UNO Nachhaltigkeitsziele können wir nur gemeinsam mit dem Privatsektor erreichen. Wachstum ist kein Selbstzweck. Es braucht in diesem Sinne eine Transformation der Wirtschaft hin in Richtung Nachhaltigkeit. Dies fordert uns insbesondere in unseren Volkswirtschaften und bietet auf der anderen Seite Chancen, für die noch weniger entwickelten Länder, direkt auf diesen Zug aufzuspringen. Ich bin überzeugt, dass uns das IC Forum hierzu spannende Pisten aufzeigen wird und freue mich schon jetzt auf den Austausch.

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