Wirksame Entwicklung benötigt solide Daten
Verlässliche, vollständige und frei verfügbare Daten sind für die Entscheidungsfindung im Interesse der Bevölkerung und wichtig für die Umsetzung der Ziele der Agenda 2030. Laut UNO verfügen jedoch nur gerade 19% der Staaten über Statistikgesetze, die den internationalen Standards entsprechen. Für Thomas Gass der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist eine Stärkung der weltweiten Datensysteme unerlässlich. Die Schweiz engagiert sich diesbezüglich mit verschiedenen Aktivitäten.
Solide Daten sind unerlässlich, um die Welt zu verstehen. © iStock
In Benin wurde Adétola gerade ins amtliche Geburtenregister eingetragen. In Tadschikistan erhält Faruh seine Zivilstandsurkunde, die das Justizministerium kürzlich elektronisch erfasst hat. In der armenischen Hauptstadt Jerewan wird Alice offiziell als Arbeitssuchende anerkannt. Diese drei Beispiele zeigen, wie die amtliche Erfassung von Personendaten das Leben vereinfachen kann.
Dazu beigetragen hat namentlich die Schweiz, denn alle drei Fälle wurden im Rahmen von DEZA-Projekten ermöglicht. Entwicklungshilfe ist auf zuverlässige Daten angewiesen. Das bestätigt auch Thomas Gass, Vizedirektor und Chef des Direktionsbereichs Südzusammenarbeit der DEZA.: «Um Strategien und Programme auf die effektiven Bedürfnisse der Gesamtbevölkerung und nicht nur auf jene der grössten Bevölkerungsgruppen ausrichten zu können, braucht es solide und vollständige Daten».
Adétolas Geburtsurkunde für eine nachhaltige Welt
Zurück zu Adétola. Inwiefern können die Entscheidungsträger dem Mädchen dank dem Eintrag im Geburtenregister ein besseres Leben ermöglichen? Adétolas Familie gehört zu den Ärmsten des Landes. Ihre Erfassung im Rahmen des von der DEZA unterstützten Projekts verbessert die Qualität der Daten über die ärmsten 20% der Bevölkerung Benins. So können die spezifischen Bedürfnisse dieser Menschen eingeschätzt und bessere Dienstleistungen angeboten werden, beispielsweise beim Zugang zu Wohnraum, Bildung und Gesundheit.
Die Armut bekämpfen, das Wohlergehen der Menschen fördern, stabilere Gesellschaften schaffen und niemanden zurücklassen – das sind die zentralen Anliegen eines Entwicklungsprogramms, die auch für die Schweiz im Vordergrund stehen. Die Strategie der internationalen Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz 2012–2024 definiert diesbezüglich vier thematische Schwerpunkte. Gezielte Massnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Klimawandel, Migration und Rechtsstaatlichkeit sollen zur Sicherheit und zum Wohlstand in den Entwicklungsländern beitragen – und auch in der Schweiz, betonte Bundesrat Ignazio Cassis anlässlich der Lancierung der Strategie.
Dazu braucht es einen integrierten Ansatz, wie ihn die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung vorsieht. Mit ihren 17 Zielen, 169 Unterzielen und 232 Indikatoren will diese internationale Roadmap Armut, Ungleichheit und Ungerechtigkeit in der Welt beenden.
«Die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung liegt in der Verantwortung aller Staaten, auch der Schweiz. Mit Blick auf die Strategien und Prioritäten braucht es fundierte Entscheidungen, die nur möglich sind, wenn wir über eine bessere Datengrundlage verfügen», erklärt Thomas Gass. «Mit besseren Daten in den Partnerländern kann die Schweiz ihre Programme und Projekte der internationalen Zusammenarbeit noch wirksamer durchführen.»
Weltdatenforum in der Schweiz
Bei diesem Thema von globaler Bedeutung spielt die Schweiz eine besonders aktive Rolle.
Gemeinsam mit der UNO organisiert sie im Oktober 2020 in Bern das dritte Weltdatenforum, sofern es die die COVID-19-Situation erlaubt. An dieser Veranstaltung sollen 1500 Expertinnen und Experten aus über 100 Ländern teilnehmen, um Lösungen zu erarbeiten, wie statistische Daten die Umsetzung der Agenda 2030 unterstützen können.
Die Schweiz leistet einen finanziellen Beitrag und arbeitet mit der internationalen Organisation «PARIS21» zusammen, die sich für die Verbesserung der Nutzung und Produktion von Statistik in Entwicklungsländern einsetzt. Seit 2019 fördert die Schweiz im Rahmen ihrer Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit ausserdem den statistischen Kapazitätsaufbau.
UNO bemängelt weltweite Datenlage
- In 75% der Länder der Welt gibt es weder eine Statistikpolitik noch eine ausreichende Datenbasis.
- Nur etwas mehr als die Hälfte aller Staaten ist in der Lage, elementare Angaben zu machen, wie beispielsweise zu Geburten oder Todesfällen.
- Bei spezifischeren Daten ist die Lage noch bedenklicher. Vor diesem Hintergrund werden gefährdete Bevölkerungsgruppen in den Durchschnittswerten kaum berücksichtigt.
- Für rund zwei Drittel der 232 Indikatoren für die Ziele der Agenda 2030 gibt es keine Daten, und für 88 Indikatoren wurde noch keine Erhebungsmethode vereinbart.
Links
- Weltdatenforum 2020
- Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024, EDA
- Benin, Projekt P20 - Sammlung besserer Daten über die ärmsten 20% der Bevölkerung Benins
- Besserer Zugang zum Arbeitsmarkt für Frauen im Südkaukasus (Armenien, Aserbaidschan und Georgien)
- Projekt zur Reform des Zivilstandswesens in Tadschikistan (CRR)
- Projektdatenbank der DEZA