«Unsere Neutralität wird im UNO-Sicherheitsrat ein Vorteil sein»

Die Kandidatur der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat geht in die Schlussphase. «Wir wollen zur Sicherheit und Frieden in der Welt beitragen», erklärt Bundesrat Cassis im Interview mit dem «Tagesanzeiger» den Grund für die Kandidatur der Schweiz. Und: gerade die nicht-ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats können dort eine wichtige Rolle spielen: Als «Schmieröl zwischen den Weltmächten».

Fotomontage mit Ignazio Cassis, der in die Kamera schaut, und zwei Sprechblas-Icons mit Fragezeichen und Antwort zur Darstellung eines Interviews.

Verträgt sich eine Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat mit der Neutralität? Ja, sagt Bundesrat Ignazio Cassis im Interview mit dem Tagesanzeiger: «Unsere Neutralität wird im Sicherheitsrat ein Vorteil sein.» © EDA

Mit einem virtuellen Anlass in New York, an dem Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Bundesrat Ignazio Cassis mit Ansprachen präsent waren, ist die Kandidatur der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat in die Schlussphase eingetreten. «Wir wollen zur Sicherheit und Frieden in der Welt beitragen», erklärt Bundesrat Cassis im Interview mit dem «Tagesanzeiger», weshalb die Schweiz 2023 und 2024 als nicht-ständiges Mitglied dem UNO-Sicherheitsrat angehören will. Diese Zielsetzung ist auch eine Priorität in der neuen Aussenpolitischen Strategie des Bundesrates. Dass die nicht-ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats Wirkung entfalten können, hat sich zum Beispiel im Syrien-Krieg gezeigt: Dort haben die nicht-ständigen Mitglieder dazu beigetragen, dass die Zivilbevölkerung humanitäre Hilfe erhalten hat», sagt Bundesrat Cassis.

Die zehn nichtständigen Mitglieder sind das Schmieröl zwischen den Weltmächten.

Die Neutralität der Schweiz steht einer solchen Mitgliedschaft nicht im Weg, im Gegenteil: «Unsere Neutralität wird im Sicherheitsrat ein Vorteil sein.» Denn der Sicherheitsrat stehe oft unter Spannungen zwischen den USA, Russland und China. «Die zehn nichtständigen Mitglieder sind das Schmieröl zwischen den Weltmächten», sagt der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA. Die nichtständigen Mitglieder können als Mediatoren wirken und Kompromisse suchen. «Das ist die DNA der Schweiz. Wir sind prädestiniert für diese Funktion», so Bundesrat Cassis. Sollte der UNO-Sicherheitsrat während der Mitgliedschaft der Schweiz eine militärische Intervention autorisieren, «würde sich die Schweiz sicher nicht mit eigenen Truppen beteiligen». Eine militärische Intervention autorisierte der Sicherheitsrat in den letzten 75 Jahren aber nur drei Mal: im Koreakrieg 1950-1953, im ersten Golfkrieg 1990-1991 und in Libyen 2011.

Druck der Grossmächte ist nichts Neues

Und das Risiko, dass die Schweiz als Mitglied des UNO-Sicherheitsrats unter Druck der grossen Mächte gerät? Das Risiko müsse man tragen, antwortet der Vorsteher des EDA – aber das Risiko gebe es nicht nur im Sicherheitsrat so: «Wir müssen solchen Druckversuchen schon heute widerstehen“, sagt Bundesrat Cassis mit Blick etwa auf die zunehmende Polarisierung zwischen den USA und China. „Auch hier müssen wir uns ständig entscheiden, ob und wie wir Position beziehen.“

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