«Als Staatssekretär kann ich an einer zentralen Stelle die Zukunft mitgestalten»

Von Canberra, London und Genf bis zur Zentrale in Bern: Alexandre Fasel hat an verschiedenen Orten unterschiedlichste Aufgaben erfüllt und Erfahrungen gemacht, auf die er sich nun als Leiter des Staatssekretariats EDA stützen kann. Auch von einer Funktion im Bereich der Formel-1 kann er profitieren: als «Inspirationsquelle für die Diplomatie in Zeiten grosser Unsicherheit», wie er im Interview sagt.

01.09.2023
EDA
Alexandre Fasel steht links neben Bundesrat Cassis und spricht mit ihm.

Antrittsbesuch beim Departementschef: Bundesrat Ignazio Cassis empfängt Alexandre Fasel in dessen neuer Funktion als EDA-Staatssekretär. © EDA

Porträt von Alexandre Fasel
Staatssekretär Alexandre Fasel. © EDA

Sie sind als Staatssekretär des EDA der höchste Diplomat im Departement. Was haben Sie in dieser Funktion für Aufgaben?

Zunächst einmal: Ich habe persönlich eine grosse Leidenschaft für mein Land, für seine politische Kultur, das politische System - und natürlich für seine Zukunft. Als Staatssekretär kann ich an einer zentralen Stelle diese Zukunft mitgestalten.

Wie können Sie das an der Spitze des Staatssekretariats EDA konkret tun?

Das Staatssekretariat ist zuständig für die Umsetzung der Aussenpolitischen Strategie der Schweiz. Diese Strategie wird vom Bundesrat jeweils für vier Jahre festgelegt. So können wir sicherstellen, dass die Schwerpunkte und Themen unserer Aussenpolitik immer konkret auf die aussenpolitischen Entwicklungen bezogen sind. Dadurch können wir die Interessen der Schweiz bestmöglich wahren und die Werte in der Welt fördern, die für uns wichtig sind. Das gilt für das Engagement für Frieden und Sicherheit ebenso wie für die Respektierung der Menschenrechte, die Bekämpfung der Armut, die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums oder den Zugang aller Menschen zum Potenzial, das die Wissenschaft und die digitalen Technologien bieten.

Die Koordination und die Kohärenz sind wichtige Elemente für eine wirkungsvolle und damit erfolgreiche Aussenpolitik.

Deshalb gehören zu Ihrem Arbeitsbereich als Staatssekretär auch die Schweizer Vertretungen?

Ja. Neben dem Staatssekretariat bin ich auch für die Führung unseres Aussennetzes mit seinen 170 Vertretungen auf der ganzen Welt zuständig. Denn die Koordination und die Kohärenz sind wichtige Elemente für eine wirkungsvolle und damit erfolgreiche Aussenpolitik. Ein gut funktionierendes Aussennetz kommt auch den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland zugute, sei es, dass sie sich dort auf einer Reise befinden oder im Ausland leben.

Aussenpolitik und Innenpolitik sind eng miteinander verzahnt. Denken Sie nur an den Krieg gegen die Ukraine, dessen Auswirkungen wir in der Schweiz stark spüren.

«Aussenpolitik ist Innenpolitik», lautet ein Leitsatz von Bundesrat Cassis. Wie zeigt sich dies bei Ihrer Funktion?

Aussenpolitik und Innenpolitik sind tatsächlich eng miteinander verzahnt. Denken Sie nur an den Krieg gegen die Ukraine, dessen Auswirkungen wir in der Schweiz stark spüren, an die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU oder an unsere Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat. Zu meinem Amt als Staatssekretär gehört deshalb auch die Beratung der Regierung in allen aussenpolitischen Fragen. Zudem unterstütze ich den Vorsteher des EDA, Bundesrat Cassis, bei der Zusammenarbeit mit dem Parlament und den Kantonen. Dies gilt insbesondere für die aussenpolitischen Themen, die starke innenpolitische Auswirkungen haben.

Sie haben als Diplomat an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt und in unterschiedlichen Funktionen gearbeitet. Was nehmen Sie davon an die Spitze des Staatssekretariats mit?

Ich habe 1991 im damaligen Integrationsbüro EDA/EVD begonnen, das für die Europapolitik der Schweiz zuständig war. Danach war ich Mitarbeiter von Bundesrat Flavio Cotti und arbeitete damit an der Schnittstelle zwischen Innen- und Aussenpolitik. Auf den Posten in Canberra oder als Botschafter in London stand das bilaterale Verhältnis zwischen der Schweiz und den Gastländern im Vordergrund; als Leiter des politischen Planungsstabes war ich mit der aussenpolitischen Analyse und Politikschöpfung betraut, als Chef der UNO-Abteilung und als Chef der Mission in Genf war ich im multilateralen Bereich und im internationalen Genf tätig. Zuletzt war ich als Sonderbeauftragter für Wissenschaftsdiplomatie darum bemüht, in Zusammenarbeit mit der vom Bundesrat und Genfer Staatsrat gegründeten Stiftung GESDA (Geneva Science and Diplomacy Anticipator) der internationalen Gemeinschaft ein Instrument bereitzustellen, das es ihr erlaubt, ein Ahnungsvermögen dessen zu entwickeln, was an wissenschaftlichen Durchbrüchen und technologischen Entwicklungen auf sie zukommt, auf dass sie ihre Handlungsfähigkeit bewahren und ihre Gestaltungskraft schärfen kann. Mit anderen Worten: In allen meinen bisherigen Tätigkeiten habe ich Erfahrungen machen können, auf die ich mich nun als Staatssekretär stützen werde.

Die Formel 1 ist ungeheuer kompetitiv. Alles liegt permanent in der Schwebe. Das ist gewiss ein Sinnbild und eine Inspirationsquelle für die Diplomatie in Zeiten grosser Unsicherheit.

Sie waren einmal auch ausserhalb der diplomatischen Karriere «auf Posten»: bei einem Hauptsponsor des Sauber-Rennstalls in der Formel1. Was war dort Ihre Aufgabe – und wäre der eingespielte Radwechsel während eines Rennens für Sie allenfalls ein Muster für eine effiziente Umsetzung der Aussenpolitik?

Die Radwechsel an einem Formel-1-Wagen, die von über 20 Personen in etwa 2 Sekunden vorgenommen werden, zeigen in der Tat, wie in einem komplexen System Wirkung erzielt wird! Die Formel 1 ist aufgrund des scharfen Wettbewerbs und der bedeutenden Mittel ein Technologie-Beschleuniger ersten Ranges. Ich habe sie als Botschafter in London zusammen mit dem Swiss Business Hub als Vektor benutzt, um eine engere Zusammenarbeit der High-Tech-Galaxien des Vereinigten Königreichs und der Schweiz anzubahnen. Die Formel 1 ist ungeheuer kompetitiv. Alles liegt permanent in der Schwebe, nichts ist auf Dauer gesichert, jedes Team muss seine Stellung bei jedem Rennen aufs Neue erringen. Das ist gewiss ein Sinnbild und eine Inspirationsquelle für die Diplomatie in Zeiten grosser Unsicherheit.

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