Hanspeter Mock: «Brasilien steht vor grossen Herausforderungen. Es bieten sich aber auch Chancen.»

Anlässlich der UNO-Klimakonferenz COP30, die dieses Jahr in Belém im Zentrum des Amazonasgebiets stattfindet, skizziert die Schweiz durch ihre Vertretung in Brasilia etappenweise ihr historisches und aktuelles Engagement für Nachhaltigkeit und globale Biodiversität. Wir haben uns darüber mit dem Schweizer Botschafter in Brasilien Hanspeter Mock unterhalten.

Porträt von Hanspeter Mock, Schweizer Botschafter in Brasilien.

Für Botschafter Hanspeter Mock verdeutlicht die COP30 in Brasilien die zentrale Rolle lokaler und indigener Gemeinschaften beim Klimaschutz. © EDA

Die COP30 findet in Belém im Amazonasgebiet statt. Wo sehen Sie die Bedeutung der Wahl dieses Konferenzortes?

Dass die COP30 in Belém im Amazonasgebiet durchgeführt wird, hat eine besondere Dimension: Der Austragungsort verleiht der Konferenz eine einzigartige symbolische Bedeutung. Die Region steht einerseits vor grossen Herausforderungen, es bieten sich andererseits aber auch Chancen. Dass die COP30 inmitten des Amazonasgebiets stattfindet, verdeutlicht die zentrale Rolle, die lokale und indigene Gemeinschaften beim Klimaschutz spielen.

Die von Ihnen geleitete Botschaft in Brasilia hat sich vor der COP30 auf die «Road to Belém» gemacht und verschiedene Projekte umgesetzt. Warum ist diese Initiative so wichtig für Ihre Botschaft?

Dieses Thema ist für die Schweizer Botschaft besonders wichtig, denn es ist ein wesentlicher Bestandteil der historischen und strategischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Brasilien, die auf Innovation, Wirtschaft und Nachhaltigkeit beruhen. Die COP30 bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Zusammenarbeit beim Schutz des Amazonasgebiets zu stärken. Im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel ist dieser Schutz von grösster Bedeutung. Im Rahmen der Initiative «Road to Belém» bringen wir schweizerische und brasilianische Akteure zu konkreten Projekten in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung zusammen, die diese gemeinsame Vision widerspiegeln und dem Schweizer Engagement für Nachhaltigkeit mehr Visibilität verleihen.

Im Rahmen der Initiative ‹Road to Belém› bringen wir schweizerische und brasilianische Akteure zu konkreten Projekten in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung zusammen.

Können Sie uns mehr über die Arbeit der involvierten Schweizer Akteure (Whole-of-Government-Ansatz) bei der Umsetzung dieses Programms in Brasilien sagen?

Im Sinne einer echten interinstitutionellen Kooperation stimmen sich die Schweizer Akteure in Brasilien und Bern bei der Umsetzung dieses Programms eng miteinander ab. In Brasilien arbeitet die Botschaft mit Swissnex, dem Swiss Business Hub Brazil und den Generalkonsulaten zusammen und kombiniert dabei Diplomatie, Innovation, Wirtschaft und Nachhaltigkeit. In Bern beteiligen sich das Bundesamt für Umwelt, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, das Staatssekretariat für Wirtschaft und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation sowie Präsenz Schweiz. Dieser integrierte Ansatz ermöglicht es, die diplomatischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Instrumente der Schweiz wirksam zu mobilisieren, um ihre internationalen Prioritäten mit konkreten lokalen Partnerschaften im Amazonasgebiet in Einklang zu bringen und gleichzeitig ihre Glaubwürdigkeit und Visibilität im Bereich der Nachhaltigkeit zu stärken.

Die Schweiz will die globalen Klimaverpflichtungen stärken und in Belém konkrete Ergebnisse bewirken.

Welche Ziele verfolgt die Schweiz mit ihrem Engagement an der COP30?

Die Schweiz will mit diesen Initiativen die globalen Klimaverpflichtungen stärken und in Belém konkrete Ergebnisse bewirken. Die Schweiz hat im Januar 2025 ihr verschärftes Klimaziel vorgestellt und wird sich dafür einsetzen, dass die grössten Verursacher von Treibhausgasen neue ehrgeizige Reduktionsziele vorlegen und wirksame Massnahmen ergreifen, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. Wir werden einen Schwerpunkt auf die Umsetzung der an der COP28 eingegangenen Verpflichtungen legen, namentlich die Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030 sowie den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe bis 2050. Die Klimafinanzierung und die stärkere Einbindung des Privatsektors werden ebenfalls ganz oben auf unserer Agenda stehen

Der Naturforscher Emílio Goeldi verkörpert gleichsam die Verbindung zwischen der Schweiz und Brasilien beim Einsatz für Nachhaltigkeit und die globale Biodiversität in der Vergangenheit und heute. Was war seine historische Bedeutung – und wo sehen Sie Emílio Goeldis Bedeutung für die Gegenwart?

Der Schweizer Naturwissenschaftler Emílio Goeldi hat die Erforschung des Amazonas im 19. Jahrhundert nachhaltig geprägt. Sein wissenschaftliches Erbe veranschaulicht die lange Geschichte der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Brasilien. Das nach ihm benannte Museu Paraense Emílio Goeldi wird unsere «Planetary Embassy» (ein Swissnex Projekt/Konzept) beherbergen. Sie repräsentiert sozusagen eine «Diplomatie für den Planeten», die auf Nachhaltigkeit sowie den Dialog zwischen Wissenschaft, Kultur und den lokalen Gemeinschaften ausgerichtet ist. Dieses starke Zeichen erinnert an das gemeinsame wissenschaftliche Erbe zwischen der Schweiz und dem Amazonasgebiet, verkörpert die Kontinuität einer langjährigen Zusammenarbeit und widerspiegelt das nachhaltige Engagement der Schweiz in dieser Region.

Das Programm ‹Road to Belém› soll robuste und dauerhafte Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Amazonasgebiet schaffen.

Welche anderen Projekte hat die Botschaft in Brasilia während der «Road to Belém» durchgeführt?

Im Rahmen der «Road to Belém» wurden bereits mehrere Projekte durchgeführt, zum Beispiel eine Ausstellung, die das Erbe von Schweizer Naturwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts im Amazonasgebiet beleuchtet, ein Innovations- und Nachhaltigkeitspreis für brasilianische und schweizerische Start-ups, ein Programm für Feldbesuche und den Austausch zwischen Gemeinschaften des Amazonasgebietes und Forschenden und Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Bereich Bioökonomie sowie ein bilaterales Forum, das sich mit nachhaltiger Infrastruktur und der Energiewende befasst. Die Schweiz fördert mit diesem Programm wissenschaftliche und technologische Innovationen und unterstützt soziale und kulturelle Initiativen in der Region, was robuste und vor allem dauerhafte Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Amazonasgebiet schafft. In diesem Sinne führt die Schweizerische Botschaft in Belém und im Bundesstaat Pará verschiedene kleinere Aktionen zu Schlüsselthemen wie soziale Inklusion, Bildung, Langsamverkehr, nachhaltige Landwirtschaft und Gesundheit durch.

Die Schweizer Delegation an der COP30 wird vom Bundesamt für Umwelt geleitet. Wie haben Sie sich abgesprochen auf dem Weg nach Belém?

Im Vorfeld der COP30 wurde die Koordination mit dem Bundesamt für Umwelt, das die Schweizer Delegation leitet, von einer Task Force wahrgenommen, in der die in Brasilien vertretenen Akteure und die Bundesstellen in Bern vertreten waren. Dieser integrierte Ansatz sorgte für Kohärenz zwischen den offiziellen Verhandlungen und den zahlreichen parallelen Initiativen der Schweizer Akteure und stärkte so die Visibilität und den Einfluss der Schweiz an der COP30.

Zum Anfang